UnterwassersoundsForscher bringen das Bellen von Piranhas ans Ohr
Von Carola Frentzen, dpa
20.2.2022 - 18:04
Unter Wasser knurrt, blubbert und klopft es allenthalben, aber die wenigsten haben die Geräusche der Meeresbewohner je gehört. Forscher richten nun eine globale Plattform für solche Töne ein – und haben einen passenden Namen dafür.
Von Carola Frentzen, dpa
20.02.2022, 18:04
21.02.2022, 10:51
Von Carola Frentzen, dpa
Auch unter Wasser gibt es eine eindrucksvolle Geräuschkulisse, etwa wenn Tiere um einen Partner werben oder ihr Revier verteidigen. Ob Fische, Wirbellose oder Säugetiere – viele Meeresbewohner geben Laute von sich, oft überraschende. Mit einer neuen globalen Sound-Plattform wollen Forscher künftig das Leben in den Ozeanen und anderen Gewässern besser dokumentieren und zugleich zum Schutz der Artenvielfalt beitragen. Der Name des Geräuscharchivs klingt dabei selbst fast wie das Blubbern eines Fischs: GLUBS.
Forscher nehmen an, dass alle in den Weltmeeren lebenden Säugetiere Töne von sich geben. Berühmt sind die markanten Walgesänge. Vernehmbar sind Experten zufolge aber auch mindestens 100 Wirbellose sowie rund 1000 der weltweit etwa 35'000 bekannten Fischarten – «wahrscheinlich aber viele Tausende mehr», heisst es in einer Mitteilung zu der geplanten Audio-Bibliothek.
Der Knurrhahn macht seinem Namen alle Ehre
Man nehme etwa Chelidonichthys lastoviza. Der Fisch knurrt und macht damit seinem umgangssprachlichen Namen Gestreifter Knurrhahn alle Ehre. Liebestolle Froschfische kombinieren bei ihrem Gesang ein Grunzen und ein «Buup», während die Laute einer Paddelkrabbe an einen klopfenden Disco-Beat erinnern. Rote Piranhas lassen eine Art Bellen erklingen, indem sie ihren Trommelmuskel auf die Schwimmblase prallen lassen. Unverkennbar sind auch die dröhnenden Töne von Minkwalen.
Datenbanken zu Geräuschen von Meeres- und anderen Tieren gibt es bereits einige. GLUBS steht nun für «Global Library of Underwater Biological Sounds». Seinen Plan für die neue Plattform stellt das internationale Wissenschaftlerteam im Fachjournal «Frontiers in Ecology and Evolution» vor.
«Die grössten Lebensräume der Welt sind aquatisch und sie sind reich an Geräuschen, die von einer Vielzahl von Tieren erzeugt werden», sagte Hauptautor Miles Parsons vom Australian Institute of Marine Science in Perth. Dabei handele es sich nicht nur um Laute zur Kommunikation, sondern auch um solche, die die Tiere etwa beim Fressen, Schwimmen oder Kriechen erzeugen – und die ebenfalls Teil der Geräuschkulisse eines Ökosystems sind.
Angesichts der weltweiten Abnahme der Artenvielfalt und der ständigen Veränderung von Unterwasser-Klanglandschaften durch den Menschen sei es dringend nötig, die Geräusche von Meerestieren zu dokumentieren, zu quantifizieren und zu verstehen, «bevor sie möglicherweise verschwinden», so Parsons. Interessant auch: Einige Fische haben den Forschern zufolge Dialekte entwickelt, die sich je nach Region unterscheiden.
Zudem gibt es Töne, die bereits dokumentiert sind, aber bisher keinem Meerestier zugeordnet werden konnten. «Eine Datenbank mit nicht identifizierten Geräuschen ist in gewisser Weise genauso wichtig wie eine für bekannte Quellen», schreiben die Wissenschaftler. Denn je mehr Audio-Dateien gesammelt werden, desto grösser sei die Wahrscheinlichkeit, die Töne irgendwann einer Art zuordnen zu können.
GLUBS sei eine «neuartige, nicht-invasive und erschwingliche Möglichkeit», um das Leben unter Wasser zu belauschen, die Biodiversität zu überwachen und neue Arten zu identifizieren, hiess es. Auch könnten die akustischen Eigenschaften der Geräusche Aufschluss über den gegenwärtigen Zustand eines Ökosystems geben.
Die Audio-Plattform soll ständig erweitert werden. Zum Einsatz sollen neben Hydrophonen (Unterwassermikrofonen) und Lernsystemen für künstliche Intelligenz auch Apps und Unterwasser-Kameras kommen, mit denen auch Hobby-Taucher und Bürgerwissenschaftler Beiträge leisten können.
«Die Biodiversität und unsere Ozean-Ökosysteme sind in Schwierigkeiten, gesunde Korallenriffe schwinden in beängstigendem Tempo», betonte Co-Autor Aran Mooney. Die Bibliothek sei wichtig, um Veränderungen der Artenvielfalt speziell an Riffen, aber auch in anderen Unterwasser-Lebensräumen zu katalogisieren und zu überwachen. «Aber die Plattform hilft uns auch herauszufinden, was ein gesundes Riff ausmacht bei unseren Versuchen, Korallenriffe wieder aufzuforsten.»