Auf ihrer Wanderung von der Antarktis in tropische Gewässer kommen die Meeressäuger der Millionenmetropole sehr nahe. Dass es Zehntausende sind, ist ein Erfolg von Schutzbemühungen. Viele Menschen sind begeistert – und die Neugier scheint auf Gegenseitigkeit zu beruhen.
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03.07.2025, 08:00
03.07.2025, 14:17
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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Im Winter öffnet sich auf der Südhalbkugel der «Buckelwal-Korridor», durch den die Tiere von der Antarktis über 10'000 Kilometer nach Australien ziehen.
Vor Sydney tummeln sich im Juni und Juli die Buckelwale, die für ihre Neugier bekannt sind.
Mitunter bringen die Säugetiere dabei den Schiffsverkehr zum Erliegen.
Die Fähre hatte Verspätung, aber nicht wegen des üblichen Schiffsverkehrs: Pendler in der australischen Metropole Sydney beobachteten kürzlich von der Fähre aus, wie Buckelwale ganz in der Nähe auftauchten und die Fahrt des Schiffs durch den Hafen aufhielten. Die neugierigen Säugetiere schienen die Pendler ihrerseits zu beobachten.
Es ist im Juni und Juli nicht ungewöhnlich, dass Wale den Schiffsverkehr in Sydney anhalten. Der Winter auf der Südhalbkugel läutet die Öffnung des sogenannten Buckelwal-Korridors ein, einer Zugstrecke entlang der australischen Ostküste, den etwa 40'000 dieser riesigen Tiere auf ihrer Reise von den Futterplätzen in der eisigen Antarktis zu den tropischen Fortpflanzungsgebieten vor dem Staat Queensland nutzen.
A humpback whale and her calf glide through the ocean, interrupted by two drones hovering above, blurring the line between natural beauty and technological intrusion, highlighting the loss of privacy. Captured in Sydney, Australia pic.twitter.com/nsShnJdZpd
Das Gewässer sei dann voller Wale, sagt Dr. Vanessa Pirotta, Wildtier-Forscherin an der Macquarie University in Sydney und Autorin des Buches «Humpback Highway». Während der Hauptverkehrszeiten wird die geschäftige Küstenstadt mit ihren 5,5 Millionen Menschen zu einem der wenigen urbanen Zentren der Welt, in denen man beim morgendlichen Spaziergang, beim Kaffeekauf oder beim Warten an der Bushaltestelle – überall, wo das Meer zu sehen ist – einen auftauchenden Wal sehen kann.
Der Grund, warum die Buckelwale auf dem «Highway» so auffällig sind, liegt in ihrer Grösse – ausgewachsene Tiere können 16 bis 17 Meter lang und 40 Tonnen schwer werden – und in ihrer Nähe zu den Menschen. Auf ihrer 10'000 Kilometer langen Reise von eisigen zu milden Gewässern, einer der weltweit längsten Säugetierwanderungen, bleiben die Tiere in Küstennähe.
«Sie sind unglaublich neugierig»
«Sie sind unglaublich neugierig», sagt Pirotta. «In diesem Jahr kam es vor, dass Wale im Hafen waren und den Verkehr buchstäblich zum Stillstand brachten.» Die Australier kommen damit so nah an die Tiere heran, dass manche von diesen zu Publikumslieblingen wurden.
Only in Australia 🇦🇺🐳 wind surfer collides with a humpback whale calf off mona vale, Sydney. Thankfully both the whale, jason were unharmed 🤍 pic.twitter.com/v4U3mo5m6D
Dazu gehören Migaloo, ein komplett weisser Buckelwal, der von 1991 bis 2020 gesichtet wurde, und die Walkuh Blade Runner, die ihren Namen von einem Zusammenstoss mit einer Schiffsschraube hat, bei dem ihre langen, markanten Narben entstanden sind.
Einige begeisterte Walbeobachter wollen die Meeressäuger ganz aus der Nähe betrachten. In Port Stephens, einem malerischen Hafen nördlich von Sydney, drosselt der erfahrende Skipper Ben Armstrong den Motor seines Walbeobachtungsboots: Zwei Buckelwale sind in der Nähe aufgetaucht. Er ermuntert die Fahrgäste, ihre Mobiltelefone wegzulegen und das Schauspiel einfach zu geniessen.
«Wie ein Hund, der sein Herrchen am Tor begrüsst»
Armstrong hält mit seinem Touristenboot die gesetzlich vorgeschriebenen Abstände ein, aber neugierige Wale weichen oft von diesen Vorschriften ab. Einmal liess der Skipper sein Boot eine Stunde lang treiben, während vier oder fünf Buckelwale das Boot «wie ein Spielzeug in der Badewanne» behandelten und es spielerisch daran hinderten, vorwärts- oder rückwärtszufahren.
In einem anderen Fall löste sich ein Wal von seiner Gruppe und stürmte auf das Boot zu, «wie ein Hund, der sein Herrchen am Tor begrüsst», berichtet Armstrong. Der Wal blieb 40 Minuten lang in der Nähe und rieb sich mit seinen riesigen Flossen an dem Schiff. «Es war wie: ‹Oh, da ist dieses Boot, das ich wirklich mag›», sagt Armstrong.
Vincent Kelly, der eigens aus dem australischen Staat Victoria anreiste, um die Walmigration mitzuerleben, war jüngst einer von Armstrongs Passagieren. Zwei Stunden lang beobachtete er ein halbes Dutzend Buckelwale bei atemberaubenden Flugmanövern. «Es war unglaublich für mich», sagt Kelly. «Ich hatte nicht erwartet, tatsächlich einen Wal zu sehen. Aber sie waren überall.»
Jungtiere gross wie ein Kleinwagen
Die Verkehrsbehinderungen, die die Buckelwale in Sydney auslösen, sind Anzeichen einer drastischen Kehrtwende ihres Schicksals: Einst wurden sie wegen ihres Fleisches und ihres Öls gejagt, und ihre Zahl schrumpfte auf einige Hundert, bevor die Art 1963 in der südlichen Hemisphäre unter Schutz gestellt wurde.
Seither hat sich die Zahl der Buckelwale wieder auf etwa 40'000 Exemplare erholt, was dazu führt, dass die Tiere häufiger als früher mit Menschen in Kontakt kommen. Das bedeutet für sie eine grössere Gefahr, sich in Fischernetzen zu verfangen oder mit Wasserfahrzeugen zusammenzustossen.
Ein Buckelwal zeigt sich am 18. Juni vor de Küste von Port Stephen bei Sydney.
KEYSTONE
Wo und wann sie auftauchen, ist ebenfalls weniger vorhersehbar geworden. In den letzten Jahren haben Wale an unerwarteten Orten Kälber zur Welt gebracht – und schon die Jüngsten haben die Grösse eines Kleinwagens. Der kommerzielle Fang von Krill – kleine Krebstiere, die Buckelwale in grossen Mengen fressen –, und die Erwärmung der Meere wegen des Klimawandels könnten ihre Wanderungsmuster verändern, sagt Forscherin Pirotta.
Die Population wächst noch immer stetig, was die Sorge darüber verstärkt, wie Menschen und Meeresriesen sich die Küste sicher teilen können. Andererseits sind Millionen Australier und Australierinnen nur einen kurzen Spaziergang und einen glücklichen Zufall davon entfernt, einem der grössten Säugetiere des Planeten zu begegnen. «Ich glaube, das erdet einen», sagt Armstrong, der Bootsführer. «Es lässt einen erkennen, dass es in der Natur viel mehr gibt als wir denken.»
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