Corona-Impfungen Nebenwirkungen nehmen leicht zu, bleiben aber unbedenklich

Von Uz Rieger

9.3.2021

In Deutschland erhält eine Erzieherin am 8. März eine Covid-Impfung: Vor allem jüngere Personen reagieren heftiger mit Nebenwirkungen auf die Impfungen. 
In Deutschland erhält eine Erzieherin am 8. März eine Covid-Impfung: Vor allem jüngere Personen reagieren heftiger mit Nebenwirkungen auf die Impfungen. 
Bild: Keystone

«Covid-Arm», Durchfall, Erbrechen: Laut US-amerikanischen und europäischen Behörden sind nach Corona-Impfungen neue unerwünschte Nebenwirkungen bekannt geworden. Wie gefährlich sind sie?

Von Uz Rieger

9.3.2021

In der Schweiz sind bislang die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna zugelassen. Das vektorbasierte Produkt von Astrazeneca befindet sich noch im Zulassungsverfahren. Zu allen drei Impfstoffen gab es zuletzt jedoch Meldungen über weitere Nebenwirkungen.

So schreibt die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) in ihrem aktuellen Sicherheitsbericht zum Impfstoff von Biontech/Pfizer, dass Diarrhö und Erbrechen als neue unerwünschte Wirkungen beim Biontech/Pfizer-Vakzin erkannt worden seien. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt ihr US-amerikanisches Pendant, die Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Die Behörde ergänzte die Liste der unerwünschten Impf-Nebenwirkungen für die Vereinigten Staaten, die lange ausschliesslich mit mRNA-Vakzinen impften, gerade um die Punkte Übelkeit, Muskelschmerzen und Rötungen und Schwellungen an der Einstichstelle.

Mehr Krankmeldungen nach Astrazeneca-Impfung

Bereits Mitte Februar mehrten sich zudem die Berichte, dass nach Impfungen mit dem Vakzin von Astrazeneca mehr Krankmeldungen registriert wurden, woraufhin Impfungen mit dem Produkt in zwei schwedischen Provinzen sowie französischen und deutschen Spitälern gestoppt wurden. Clément Goehrs, Arzt in einem Unternehmen, das in Frankreich die Meldungen der Impfreaktionen sammelt, sagte der Zeitung «Le Parisien»: «Wir haben mit Nebenwirkungen gerechnet, aber sie sind stärker, als wir dachten.»

Auch das in Deutschland für die Sicherheit von Impfstoffen zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) berichtete zuletzt, dass beim Vektorimpfstoff von Astrazeneca mehr Verdachtsfälle von Nebenwirkungen «wie Fieber, Schüttelfrost und grippeähnliche Beschwerden» gemeldet wurden, als für die beiden mRNA-Impfstoffe von Pfizer/Biontech und Moderna.

Viele Meldungen «gefühlt schwerwiegend»

Allerdings hält das Institut auch fest, es handle sich dabei um keine schwerwiegenden Reaktionen. Ebenfalls könne «nicht zwangsläufig auf eine höhere Reaktogenität des Impfstoffes geschlossen werden, da die erhöhte Melderate auch mit der erhöhten medialen Aufmerksamkeit für den Impfstoff und den unterschiedlichen Altersgruppen der geimpften Personen zusammenhängen könnte».



Zudem seien viele Meldungen als «gefühlt schwerwiegend» gemeldet worden, obwohl es sich beispielsweise nur um vorübergehendes Fieber gehandelt habe. Zum «Covid-Arm», einer verzögerten Lokalreaktion mit Hautreaktionen an der Einstichstelle im Oberarm nach der Impfung mit dem Moderna- oder dem Biontech/Pfizer-Impfstoff, meldet das Institut, die Reaktionen könnten rund eine Woche nach der Impfung auftreten. Sie seien normalerweise durch eine gut abgrenzbare Hautrötung und Schwellung am geimpften Arm zu erkennen und würden in einigen Fällen zu «Schmerzen und/oder Juckreiz» führen.

«Covid-Arm» bereitet Experten keine Sorgen

Experten bereiten der «Covid-Arm» oder die grippeähnlichen Symptome bei den Impfstoffen ohnehin wenig Sorgen. Im Gegenteil seien sie normale und sogar erwünschte Folgen der Immunantwort. Christoph Berger, Chef der Schweizer Impfkommission, sagte dem «Tages-Anzeiger» zu den Nebenwirkungen: «Sie gehören zur Reaktion des Immunsystems auf den Impfstoff und belegen, dass es funktioniert. Darum sind die Nebenwirkungen bei der zweiten Spritze auch etwas häufiger, weil dann die Immunantwort dank der ersten Impfung schneller und stärker ist.»

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Insofern passt der Befund der US-amerikanischen CDC, dass es bei den mRNA-Impfstoffen «häufiger nach der zweiten Dosis» zu Nebenwirkungen kommt. Beim Impfstoff von Astrazeneca verhält es sich aber wohl etwas anders. Hier erklärte das deutsche Robert-Koch-Institut: «Der Ständigen Impfkommission lagen darüber hinaus weitergehende Informationen des Herstellers vor, die zeigen, dass die Häufigkeit lokaler und systemischer Reaktionen nach der 2. Dosis geringer war als nach der 1. Dosis».

Auch weisen Experten darauf hin, dass häufig jüngere Menschen mit Beschwerden nach einer Impfung zu kämpfen haben. Der Grund sei darin zu suchen, dass sie im Gegensatz zu Älteren ein aktiveres Immunsystem haben, oder eben umgekehrt ältere Personen weniger stark auf die Impfungen reagieren. 

Nebenwirkungen können nicht überraschen

Vor diesen Erkenntnissen verblüfft es auch nicht, dass derzeit auch verstärkt über Nebenwirkungen der Impfungen berichtet wird. Denn einerseits haben in vielen Ländern Kontinentaleuropas ältere Personen inzwischen die zweite Dosis des Biontech/Pfizer-Impfstoffs bekommen – mit den zu erwartenden Folgen.

Andererseits sind auch in der EU inzwischen Impfungen mit dem Astrazeneca-Impfstoff angelaufen, der auch laut den Zahlen der medizinischen Zulassungs- und Aufsichtsbehörde Grossbritanniens MHR generell etwas mehr Nebenwirkungen nach sich zieht. Das Vakzin wurde zudem häufiger bei Gruppen mit jüngeren und entsprechend reaktiveren Personen verimpft, etwa an das Spitalpersonal. Der Grund: Er war in einigen Ländern der EU aufgrund fehlender Daten lange nicht in der Altersgruppe der über 65-Jährigen zugelassen.

Wenig schwere Nebenwirkungen in der Schweiz

Wenig dramatisch waren zuletzt die Zahlen zu den Nebenwirkungen der Impfungen in der SchweizLaut dem Schweizerischen Heilmittelinstitut Swissmedic kamen zu Ende Februar auf 750'000 verabreichte Impfdosen 363 Meldungen über unerwünschte Wirkungen. 199 davon gingen auf den Impfstoff von Pfizer/Biontech, 154 auf den von Moderna. In rund Zweidrittel der Fälle waren Frauen betroffen und bei 45 Prozent waren die Personen älter als 75.

Dreiviertel der Meldungen waren laut Swissmedic nicht schwerwiegend und hätten lediglich Rötungen, Juckreiz, Schmerzen oder Schwellungen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Fieber oder Schüttelfrost nach sich gezogen. Vor allem beim Impfstoff von Moderna sei «auffällig» gewesen, dass es zu Hautreaktionen am geimpften Arm kam.

95-mal wurden schwerwiegende Nebenwirkungen registriert. 16 Personen seien «in unterschiedlichem zeitlichen Abstand zur Impfung» gestorben. Die Verstorbenen seien im Schnitt 86 Jahre alt gewesen und hätten mehrheitlich unter schweren Vorerkrankungen gelitten. Es habe aber keine Hinweise gegeben, dass die Impfungen für die Todesfälle ursächlich waren – zum Tod hätten die Vorerkrankungen geführt.

Transparenz: Dieser Artikel wurde mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und dpa angereichert.