Neue StudieJeder Zehnte glaubt an Corona-Verschwörungstheorien
stsc, sda
7.4.2021 - 21:00
Forscherinnen der Uni Basel haben sich vertieft mit Corona-Verschwörungstheorien befasst. Junge, gestresste Personen mit politisch extremer Haltung und niedrigerem Bildungsniveau schenken diesen besonders oft Glauben.
Keystone-SDA, stsc, sda
07.04.2021, 21:00
SDA/jka
Die Corona-Pandemie hat Verschwörungstheorien hervorgebracht, die sich übers Internet rasend schnell verbreiten. Tatsächlich zeigt die Geschichte, dass Verschwörungstheorien oft in Krisenzeiten gedeihen. Sie sind mit Überzeugungen verbunden, dass geheime Mächte oder bestimmte Gruppen auf ein schädliches Ziel hin zusammenarbeiten.
Ein Forschungsteam der Universität Basel ist den Verschwörungstheorien rund um das Coronavirus nun nachgegangen. In der entsprechenden Umfrage haben zehn Prozent der Befragten mindestens einer Verschwörungsaussage stark zugestimmt. Den grössten Anklang fanden Aussagen, die nahelegten, dass das Coronavirus menschengemacht oder die offizielle Erklärung zur Ursache des Virus anzuzweifeln sei.
In der anonymen Online-Umfrage untersuchten die Basler Psychologinnen Sarah Kuhn und Thea Zander-Schellenberg zusammen mit Kollegen, wie stark Menschen aus der deutschsprachigen Schweiz und Deutschland Coronavirus-Verschwörungstheorien zustimmen und wie das mit Denkverzerrungen zusammenhängt.
Unterschiedliche Denkprozesse
Auf einer Skala mussten die Teilnehmenden angeben, wie stark sie jeweils den insgesamt 49 präsentierten Verschwörungstheorien zustimmten. Dazu gehörten skurile Aussagen wie «Das Coronavirus ist eine Biowaffe, die von China entwickelt wurde, um den Westen zu zerstören», «Antikörpertests sind ein Komplott, um unsere DNA zu sammeln» oder «Der tatsächliche Grund für den Lockdown liegt darin, eine Massenüberwachung durchzusetzen».
Die Psychologinnen und Psychologen ermittelten zudem die psychologische Befindlichkeit der Befragten sowie deren Alter, Geschlecht und die politische Einstellung. So zeigte sich, dass die den Verschwörungstheorien zustimmenden Menschen im Durchschnitt jünger und gestresster waren sowie über Paranoia-ähnliche Erfahrungen berichteten. Sie wiesen ausserdem eine politisch extremere Haltung und ein geringeres Bildungsniveau auf.
Auch in den Denkprozessen der Teilnehmenden zeigten sich Unterscheide. Die Gruppe, die sich mit einer Verschwörungstheorie eher anfreunden konnte, traf Schlussfolgerungen vorschneller und unter grösserer Unsicherheit. Informationen, die ihre Meinung widerlegten, schenkten sie zudem weniger Beachtung.
Vorsicht bei Pauschalisierungen
Allerdings fanden die Forschenden, dass einige Personen, die den Verschwörungstheorien zustimmten, sogar weniger Denkverzerrungen aufwiesen als die andere Gruppe. «Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass nicht jede Person, die einer Verschwörungstheorie zustimmt, automatisch auf ungünstige Art und Weise Informationen verarbeitet und dementsprechend entscheidet», liess sich die Psychologin Sarah Kuhn, Erstautorin der Studie, in der Mitteilung zitieren.
Dies sei überraschend gewesen, da in der psychologischen Forschung bisher eher davon ausgegangen worden sei, dass Verschwörungstheorien mit Eigenschaften wie einem geringeren analytischen Denkvermögen oder vorschnellem Schlussfolgern einhergingen. Dass bei manchen Personen genau das Gegenteil der Fall sein könne, mahne zur Vorsicht bei Pauschalisierungen über die Anhängerschaft von Verschwörungstheorien.
Gemäss der Universität Basel handelt es sich bei der Studie aufgrund des Befragungsansatzes per Definition nicht um eine bevölkerungsrepräsentative Befragung. Die Zusammensetzung des Alters und Geschlecht der Teilnehmenden war jedoch ähnlich wie die schweizerische und deutsche Allgemeinbevölkerung.