Archäologie Wurde am Zürichsee das erste Bier Mitteleuropas gebraut?

dpa/uri

6.5.2020

Bei den Die archäologischen Grabungen auf der Baustelle des Parkhauses Opéra in Zürich wurden uralte malzhaltige amorphe Speisekrusten entdeckt. (Archiv)
Bei den Die archäologischen Grabungen auf der Baustelle des Parkhauses Opéra in Zürich wurden uralte malzhaltige amorphe Speisekrusten entdeckt. (Archiv)
Bild: Keystone

Forscher haben Hinweise darauf gefunden, dass Menschen bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. am Zürichsee und am Bodensee Bier gebraut haben. Womöglich handelte es sich aber auch um alkoholfreie Malzgetränke.

Archäologen sind dank neuer Forschungsansätze dem ältesten Bier in Mitteleuropa auf der Spur. Mit Sicherheit seien malzhaltige Getränke bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. am Zürichsee und Bodensee zubereitet worden, sagt der Archäobotaniker Andreas Heiss von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) am Mittwoch.

Ob es sich dabei tatsächlich um Bier oder ein noch alkoholfreies Malzgetränk gehandelt habe, sei noch unklar. Bisher galten Fundstellen in keltischen Siedlungen im heutigen Baden-Württemberg um das 5. bis 4. Jahrhundert v. Chr. als älteste Brauereien Mitteleuropas.

Spezifische Zersetzungsspuren an Getreidekörnern

Für die im Fachjournal «PLOS ONE» veröffentlichte Studie nutzten die Forscher spezifische Zersetzungsspuren an den Zellwänden von Getreidekörnern erstmals zum Nachweis von Malz in verkohltem archäologischen Material.

Ein 3D-Modell eines archäologischen Pflanzenrests vom Fundort Hornstaad–Hörnle am Bodensee.
Ein 3D-Modell eines archäologischen Pflanzenrests vom Fundort Hornstaad–Hörnle am Bodensee.
Bild: Niki Gail/ÖAW/dpa

Dies sei selbst dann gelungen, wenn von diesen Körnern nur mehr zermahlene und verbrannte Reste erhalten waren, so Heiss. Mälzen ist ein entscheidender Schritt beim Bierbrauen. Dabei wird Getreide- heute meist Gerste – zum Keimen gebracht und dann getrocknet oder geröstet.

Das internationale Team um Heiss fand entsprechende Merkmale an Material aus jungsteinzeitlichen Ufersiedlungen am Bodensee und am Zürichsee, die ins 4. vorchristliche Jahrtausend datieren.

Der Archäobotaniker Andreas G. Heiss von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) untersucht archäologischen Material (undatierte Aufnahme).
Der Archäobotaniker Andreas G. Heiss von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) untersucht archäologischen Material (undatierte Aufnahme).
Bild: Niki Gail/ÖAW/dpa

Malztrunk oder steinzeitliches «Bodenseebräu»?

So erwiesen sich amorphe Speisekrusten aus der Grabung Parkhaus Opéra am Schweizer Zürichsee als malzhaltig, ebenso zwei bislang als «brotartige Objekte» angesprochene Funde aus Sipplingen-Osthafen und Hornstaad-Hörnle, beides am Bodensee in Baden-Württemberg gelegene ehemalige Pfahlbau-Siedlungen.

Der Fund aus Hornstaad-Hörnle habe zudem gezeigt, dass hier stark zerkleinertes Gerstenmalz zu einer Flüssigkeit aufgegossen worden war und in der Hitze eines Gebäudebrandes eindickte und verkohlte.

Originalansicht eines verkohlten Pflanzenfundes vom Fundort Hornstaad-Hörnle in Deutschland (undatierte Aufnahme).
Originalansicht eines verkohlten Pflanzenfundes vom Fundort Hornstaad-Hörnle in Deutschland (undatierte Aufnahme).
Bild: Niki Gail/ÖAW/dpa

Ob hier ein alkoholfreier Malztrunk hätte zubereitet werden sollen, oder ob das Ziel doch das Vergären zu einem steinzeitlichen «Bodenseebräu» gewesen war, liesse sich aber nicht mehr eindeutig ermitteln, so Heiss. «Auch wenn der letzte Schritt des Nachweises noch fehlt, sind wir wahnsinnig nah dran», sagte der Forscher.

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