Ex-Mitarbeiter erfindet TierversucheGefälschte Ergebnisse setzen Zürcher Starforscher unter Druck
tafi
30.9.2024
Wissenschaftler in Erklärungsnot: Ein Ex-Mitarbeiter des Neuropathologen Adriano Aguzzi soll Forschungsergebnisse gefälscht haben. Die Uni Zürich untersucht den Fall, der Betrug wird aber kleingeredet.
tafi
30.09.2024, 20:49
30.09.2024, 20:56
Andreas Fischer
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Bereits im Februar wusste der renommierte Wissenschaftler Adriano Aguzzi vom Institut für Neuropathologie am Universitätsspital Zürich, dass ein ehemaliger Mitarbeiter Forschungsergebnisse gefälscht haben soll.
Die Universität Zürich hat im März eine Untersuchung eingeleitet.
Die Öffentlichkeit haben weder Aguzzi noch die Universitätsleitung informiert.
Er ist einer der bedeutendsten Wissenschaftler der Schweiz: Doch offenbar wurden am Institut von Adriano Aguzzi Forschungsergebnisse gefälscht. Nun gerät der Neuropathologe vom Universitätsspital Zürich in Erklärungsnot, weil er nach Ansicht von einigen Kollegen zu wenig tue, um Transparenz zu schaffen.
Im Zentrum der Wissenschaftsaffäre steht ein ehemaliger Mitarbeiter Aguzzis am Institut für Neuropathologie am Universitätsspital Zürich, der bis vor zwei Jahren dort tätig gewesen ist. Der Forscher soll nie durchgeführte Laborversuche an Mäusen in wissenschaftliche Arbeiten eingebaut haben, berichtete zuerst der «Sonntagsblick».
Konkret soll der Forscher Mikroskopbilder von Mäusegehirnen, die aus früheren Untersuchungen stammten, wiederverwendet haben, um die gewünschten Forschungsergebnisse vorzutäuschen. Die vermeintlichen Erkenntnisse seien in internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht worden.
Ungereimtheiten auch bei eigenen Arbeiten
Der ehemalige Mitarbeiter soll seine Manipulationen mittlerweile zugegeben haben, wie die Zeitung berichtete. Aguzzi, Leiter des Instituts für Neuropathologie am Unispital Zürich und ordentlicher Professor für Neuropathologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich, habe deshalb in den vergangenen Monaten mehrere Publikationen korrigieren oder widerrufen müssen. Der «Sonntagsblick» zitiert einen Insider, der von einem «halben Dutzend Papers» spricht.
Auch bei früheren um das Jahr 2010 publizierten Arbeiten Aguzzis, die nichts mit den gefälschten Tierversuchen zu haben, seien Ungereimtheiten aufgetaucht. Aguzzi äusserte sich bislang nicht öffentlich.
Überhaupt scheint die Kommunikation in dem Wissenschaftsskandal fragwürdig. Aguzzi habe zwar nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Februar 2024 die Belegschaft seines Instituts informiert. Doch weder Aguzzi noch die Universitätsleitung sahen sich veranlasst, die Öffentlichkeit zu informieren.
Aguzzi und die Uni Zürich schweigen lieber
Auch die Dimension der Fehler werde laut «Sonntagsblick» kleingeredet. Mal sei von «Unregelmässigkeiten, mal von «versehentlichen Bearbeitungsfehlern», mal von «fälschlicherweise duplizierten Bildern» die Rede. Kein Wort von Betrug oder Fälschung.
Die Universität Zürich teilte auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA lediglich mit, dass eine Untersuchung läuft. Welche Publikationen betroffen seien, sei ebenfalls Gegenstand dieser Untersuchung.
Über die allfällige Korrektur von Publikationen würden die Fachzeitschriften im Austausch mit den Autoren entscheiden, hiess es weiter. Weitere Auskünfte könne die Universität wegen der laufenden Untersuchung nicht geben. Die Hochschule sei einer guten wissenschaftlichen Praxis verpflichtet, nehme Vorwürfe prinzipiell ernst und gehe ihnen nach.
Vielfach ausgezeichneter Wissenschaftler
Aguzzi erhielt für seine Arbeiten in der Vergangenheit zahlreiche Auszeichnungen. So überreichte die belgische Königin Mathilde ihm im Jahr 2017 den mit 250'000 Euro (zurzeit etwa 236'000 Franken) dotierten Baillet Latour Health Prize für seine «bahnbrechenden Studien über die Ursachen von neurologischen Erkrankungen, die durch Prionen verursacht werden».
Prionen sind fehlerhafte Eiweisspartikel, die das Gehirn schädigen können. Sie sind mit hoher Wahrscheinlichkeit für Krankheiten wie die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen oder BSE («Rinderwahn») bei Rindern verantwortlich.
Mit Agenturmaterial.
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