Stadt und Universität Bern wollen im Rahmen einer Studie mehr darüber erfahren, ob und wie Cannabis-Konsumenten ihren Konsum selbst regulieren. Das Forschungsprojekt ist so angelegt, dass es innerhalb der geltenden rechtlichen Bestimmungen durchführbar ist.
Für die Stadtberner Gemeinderätin Franziska Teuscher ist die aktuelle Situation mit einem generellen Cannabiskonsum-Verbot unbefriedigend, wie sie am Montag vor den Medien ausführte. «Auf der einen Seite haben wir das Verbot, auf der anderen aber sehr viele Konsumierende».
Die Illegalität führt laut Teuscher dazu, dass gerade der Jugend- und Gesundheitsschutz auf der Strecke bleiben. Der Schwarzmarkt sei die schlechteste aller Lösungen. Viel mehr erreichen könnte man mit Regulierung und Begleitung, zeigte sich die städtische Direktorin für Bildung Soziales und Sport überzeugt.
Cannabiskonsum sei in der Schweiz weit verbreitet, aber wie Konsumentinnen und Konsumenten ihren Konsum selber regulieren sei nur wenig bekannt, sagte Studienleiter Hansjörg Znoj von der Universität Bern. «Hier mehr zu wissen ist jedoch wichtig, da niemand bestreitet, dass der regelmässige Konsum von Cannabis ein Gefährdungspotenzial aufweist».
Mit der Studie möchte Znoj erfahren, welche Strategien im Umgang hilfreicher sind als andere. Auch die Haltung von Nichtkonsumierenden wird in die Studie einbezogen.
Erste Resultate der Umfrage sollen voraussichtlich Ende Jahr vorlegen. Die Studie umfasst eine Online-Umfrage bei 5000 zufällig ausgewählten Personen in der Stadt Bern. Weitere Teilnehmer erhofft sich die Studienleitung durch einen Aufruf in den Sozialen Medien. Znoj rechnet mit einem Rücklauf von 15 bis höchstens 20 Prozent.
Mit rund 800 Studienteilnehmenden wäre die Datenbasis ausreichend, um statistische Aussagekraft zu erlangen. Die Online-Umfrage wurde am Montag aufgeschaltet.
Eine Bewilligung des Bundesamtes für Gesundheit ist für diese Umfrage nicht nötig, wie Znoj betonte. Die Umfrage wird anonym durchgeführt, «Kiffer» müssen also keine rechtlichen Konsequenzen befürchten.
Nein aus Bundesbern
Ein erstes Forschungsprojekt mit legalem Verkauf von Cannabis in Apotheken hatte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) im November 2017 nicht bewilligt. Das BAG kam zum Schluss, dass das geltende Betäubungsmittelgesetz dies nicht zulasse. Es müsste mit einem sogenannten Experimentierartikel ergänzt werden.
Diese Bestrebungen wurden umgehend an die Hand genommen. Vergangenen Sommer sprachen sich in der Vernehmlassung eine grosse Mehrheit der Kantone positiv aus. Die Stadt Bern begrüsste dies, kündigte aber auch an, parallel dazu eine neue Studie zu entwickeln, die im Rahmen des geltenden Rechts und ohne Ausnahmebewilligung umsetzbar sei.
Sobald der Experimentierartikel in der Schweizer Gesetzgebung verankert ist, wollen Stadt und Universität Bern die ursprüngliche Studie entsprechend anpassen und umgehend ein neues Gesuch beim BAG einreichen, wie Teuscher bekräftigte. Diese sogenannte «Script-Studie» wird auch von anderen Schweizer Städten mitgetragen.
Bis wann die Eidgenössischen Räte den Experimentierartikel beraten haben, ist offen. Man habe die Zeit nutzen wollen, um auf dem Gebiet des Cannabis-Konsums weitere Erkenntnisse zu gewinnen, begründete Teuscher die soeben gestartete Studie zur Selbstregulierung von Cannabis-Konsumierenden. Sie laufe unabhängig vom ersten, vom BAG nicht bewilligten Projekt. Die Studie kostet rund 90'000 Franken. Die Stadt Bern leistet einen Beitrag von 29'000 Franken.
«Diskussion dringend und wichtig»
Das Thema Cannabis-Konsum werde die Städte weiterhin intensiv beschäftigen, zeigte sich Teuscher überzeugt. Die Diskussion über den gesellschaftlichen Umgang mit Cannabis «ist wichtig und dringend». Darum braucht es gemäss Teuscher wissenschaftliche Grundlagen und Erkenntnisse.
Cannabis ist die in der Schweiz am häufigsten konsumierte illegale Substanz. Trotz Verbot konsumieren 200'000 bis 300'000 Menschen regelmässig Cannabis. Die mit Abstand am häufigsten konsumierten legalen Suchtmittel sind Alkohol und Zigaretten.
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