Der Mann, der 2015 im Seeland seine Schwester in einem Erbstreit mit einem Knüppel spitalreif geschlagen hatte, soll eine Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren verbüssen. Das Berner Obergericht verurteilte den 66-jährigen Mann am Donnerstag wegen schwerer Körperverletzung.
Damit milderte die zweite Instanz das Verdikt des Regionalgerichtes Berner Jura-Seeland ab. Die erste Instanz hatte den Mann vor einem Jahr noch wegen versuchter vorsätzlicher Tötung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Dagegen wehrte sich der Angeklagte, erhielt nun aber nur teilweise Recht.
Seine Verteidigerin hatte auf einfache Körperverletzung plädiert und dafür eine bedingte Geldstrafe gefordert. Davon wollte die zweite Instanz nichts wissen. Zwar könne dem Mann keine Tötungsabsicht nachgewiesen werden. Es sei aber von einer "erheblichen Gewaltbereitschaft" auszugehen, betonte die vorsitzende Oberrichterin der 2. Strafkammer.
Dass der Mann seiner Schwester offensichtlich "eine Lektion erteilen wollte", sei ein inakzeptabler Akt von Selbstjustiz. Zudem sei beim Beschuldigten bis heute keine wirkliche Einsicht oder Reue festzustellen. Der wüste Erbstreit zwischen beiden Geschwistern schwelt schon lange und ist bis heute nicht beigelegt.
Bleibende Schäden
Zur gewaltsamen Eskalation kam es am frühen Morgen des 25. Juni 2015, als die Schwester unangekündigt auf dem Grundstück erschien, das beiden Geschwistern gehört. Sie wollte dort ihr gehörende Sandsäcke abholen, was der Bruder verhindern wollte.
Er ging mit einem zuvor bereit gelegten Holzknebel auf seine Schwester los, um sie "fortzujagen". Dabei schlug er sie mehrfach auf Kopf und Oberkörper. Die Frau erlitt Verletzungen an Kopf und Oberkörper. An der linken Hand, mit der sie die Schläge abwehrte, erlitt das Opfer eine bleibende Behinderung.
Die Frau schwebte jedoch nie in Lebensgefahr. Zur Frage, ob die Schläge potenziell lebensbedrohend waren, konnte auch ein vom Bericht befragter Rechtsmediziner keine abschliessende Antwort geben. Schläge gegen den Kopf könnten aber grundsätzlich zu schweren Verletzungen mit bleibenden Schäden führen, betonte die Oberrichterin bei der Urteilsbegründung.
Weiterzug offen
Die Staatsanwaltschaft, die ebenfalls Berufung eingelegt hatte, hielt am Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung fest und plädierte gar für eine Verschärfung der Freiheitsstrafe von fünf auf sechs Jahre. Ob die Parteien das Urteil der zweiten Instanz an das Bundesgericht weiterziehen, blieb am Donnerstag noch offen.
Mit dem Urteil sei der "Grundkonflikt" im Erbstreit noch nicht gelöst, stellte die Oberrichterin abschliessend fest. Sie forderte die Geschwister auf, Hilfe von Dritten anzunehmen und sich bei der Suche nach einer Lösung des Konfliktes um die Verteilung des Erbes helfen zu lassen.
Die Schwester war selber als Privatklägerin vor Gericht aufgetreten und liess sich dabei nicht von einem Anwalt vertreten. Das Gericht sprach ihr eine Genugtuung von 10'000 Franken zu.
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