Das Berner Mattequartier am Freitag mit dem Kran, welcher Schwemmholz aus der Aare fischt.
Sandsäcke im Berner Mattequartier am vergangenen Donnerstag.
Berns Aarequartiere bald ständig gegen grosse Hochwasser geschützt - Gallery
Das Berner Mattequartier am Freitag mit dem Kran, welcher Schwemmholz aus der Aare fischt.
Sandsäcke im Berner Mattequartier am vergangenen Donnerstag.
Die Aare ist am Freitag mit bis zu 560 Kubikmetern Wasser pro Sekunde durch die Stadt Bern gerauscht. In ein paar Jahren sollen neue Mauern Berns Quartiere an der Aare dauerhaft vor grossen Hochwassern schützen – das Mattequartier sogar unterirdisch.
Vor acht Jahren genehmigten Berns Stimmberechtigte an der Urne die Ausarbeitung eines Wasserbauplans, nachdem die Jahrhunderthochwasser von 1999 und 2005 grosse Schäden angerichtet hatten. Dieser Plan liegt inzwischen vor, doch hat die Stadt das Projekt nach Protesten aus der Bevölkerung am Klösterlistutz und im Altenbergquartier angepasst.
Wie Stadtingenieur Reto Zubruchen am Samstag auf Anfrage sagte, laufen derzeit beim Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland die letzten Einspracheverhandlungen. Anschliessend legt Berns Tiefbauamt dem Gemeinderat einen Kreditantrag vor.
Sagt dieser Ja und stimmt danach auch das Stadtparlament zu, entscheidet das Stimmvolk. Es geht um einen Kredit von voraussichtlich rund 132,5 Millionen Franken. Bund, Kanton Bern und Energie Wasser Bern beteiligen sich an den Kosten. Die Stadt Bern zahlt voraussichtlich 50 bis 60 Millionen Franken.
Schutzziel 550 bis 600 Kubikmeter
Ziel des Hochwasserschutzprojekts ist es, das Dalmazi- und das Altenbergquartier gegen bis zu 550 Kubikmeter Wasser pro Sekunde dauerhaft zu schützen, das Marzili- und das Mattequartier gegen bis zu 600 Kubikmeter. Wie Zurbuchen sagt, wird es möglich sein, auf den geplanten Schutzmauern auch noch mobile Sperren zu platzieren.
Mit den zusätzlichen Elementen wird die Stadt Bern selbst gegen Hochwasser gewappnet sein, welche den Rekordwert von 1999 – 613 Kubikmeter Wasser pro Sekunde – übersteigen. Am Altenberg wollte die Stadt Bern eigentlich auch gegen bis zu 600 Kubikmeter Wasser pro Sekunde schützen, doch fanden viele Bewohnerinnen und Bewohner, die geplante Mauer werde zu hoch.
Neue Abstimmung in gut einem Jahr
Ende 2022 oder Anfang 2023 dürfte laut Zurbuchen die Volksabstimmung über die Bühne gehen. Frühestens ab 2023 wird gebaut. Gearbeitet wird grösstenteils im Winter, bei Niedrigwasser. Voraussichtlich 2028 sind die Arbeiten abgeschlossen.
Da der Untergrund in der Matte sehr durchlässig ist, soll dort eine unterirdische Dichtwand dafür sorgen, dass kein Aarewasser durch den Boden ins Quartier und in die Häuser eindringt. Wo nötig, wird das Grundwasser mit Drainagen und Pumpwerk so tief gehalten, dass es nicht durch den Boden aufsteigt.
Trotz «Beaver» bleibt Projekt aktuell
Auch Erkenntnisse aus dem aktuellen Hochwasser würden in das Projekt einfliessen, sagt Zurbuchen. Die Projektleiterin des Tiefbauamts habe sich in den letzten Tagen zusammen mit der Feuerwehr ein Bild gemacht und werde insbesondere auch die Schäden anschauen, welche entstanden seien.
Alle Erfahrungen aus Hochwassern der letzten Jahre seien ins Projekt aufgenommen worden. Allerdings seien auch nach dem diesjährigen Hochwasser keine wesentlichen neuen Erkenntnisse zu erwarten.
Doch sind die ober- und unterirdischen Mauern überhaupt nötig, wenn doch mit Wasser gefüllte Beaver-Schläuche derzeit Berns Quartiere an der Aare schützen?
Anders als bei den Hochwassern von 1999 und 2005 stehe heute ein Schutzkonzept zur Verfügung, das von der Stadt und den Blaulichtorganisationen auf der Basis der Erkenntnisse der grossen Hochwasser entwickelt und inzwischen mehrfach optimiert worden sei, sagt Zurbuchen.
Zudem habe Schutz und Rettung Bern diesmal aufgrund der sich entwickelnden Wettersituation genügend Vorlaufzeit gehabt, diese Schutzmassnahmen frühzeitig einzubauen.
Die temporären Schutzmassnahmen seien auf eine Wasser-Durchflussmenge von rund 560 Kubikmeter ausgelegt, sagt der Stadtingenieur weiter. «Wassermengen von mehr als 600 Kubikmetern können mit den temporären Massnahmen nicht bewältigt werden.»