Laufen unbewilligte Kundgebungen aus dem Ruder, sollen die bernischen Gemeinden die Polizeikosten künftig an die Demo-Veranstalter und an einzelne Randalierer überwälzen können. Dieser Meinung ist der bernische Grosse Rat.
Er hat am Montagabend einen entsprechenden Passus im totalrevidierten Polizeigesetz gutgeheissen - gegen den Widerstand der Ratslinken, welche Grundrechte wie die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit in Gefahr sah.
Die Demo-Veranstalter könnten nicht verhindern, dass einzelne Teilnehmer randalierten. Deshalb dürfe man sie dafür auch nicht "bestrafen". Weiter sei unklar, ob man dann bei den Randalierern die richtigen Übeltäter erwische oder einfach willkürlich einzelne Demonstranten herauspicke.
Bürgerliche und Mitte-Parteien beurteilten die Frage anders. Das Verursacherprinzip müsse auch bei gewalttätig verlaufenden Demonstrationen gelten. Autos anzünden und Wände verschmieren seien kein Grundrecht. Wenn die Veranstalter die Teilnehmer nicht im Griff hätten, müssten sie die finanzielle Verantwortung mitübernehmen.
Verhältnismässigkeit gefordert
Das Bundesgericht sei Anfang 2017 zum Schluss gekommen, dass dies zulässig sei. Die Lausanner Richter untersuchten damals die ähnlich lautende Luzerner Regelung. Sie schlossen eine Kostenüberwälzung nicht grundsätzlich aus, forderten aber eine verhältnismässige Ausgestaltung der Kostenauflage.
Dem kam der bernische Grosse Rat nach, indem er eine grundsätzliche Gebührenobergrenze von 10'000 Franken für Veranstalter und Randalierer festlegte. In besonders schweren Fällen dürfen es 30'000 Franken sein.
Kein Passus zu Racial Profiling
Das Kantonsparlament befasst sich seit Montagnachmittag mit dem revidierten Polizeigesetz. 48 Anträge sind eingereicht worden, das Ratsbüro hat rund drei Tage für die Beratungen eingerechnet. Allerdings kommt die Debatte recht zügig voran.
Der Rat folgte bisher zumeist den Anträgen von Regierung und bürgerlicher Kommissionsmehrheit. Chancenlos war etwa ein Antrag aus den Reihen der Grünen, im Gesetz einen Extra-Passus gegen Racial Profiling einzubauen.
Dabei geht es um Polizeikontrollen rein aufgrund äusserer Merkmale wie der Hautfarbe. Die Verfassung setze der Polizei hier bereits klare Grenzen, befand die Ratsmehrheit. Sie wollte auch nichts davon wissen, dass die Polizei eine Quittung über die Identitätskontrolle ausstellen muss.
Kein Namensschild-Obligatorium
Das Parlament mochte die Kantonspolizisten auch nicht dazu verpflichten, stets ein Namensschild zu tragen. Bei heiklen Einsätzen sei es gut, wenn die Polizisten nicht namentlich gezeichnet seien, befand die Ratsmehrheit. Da geschehe zu ihrem Schutz.
Chancenlos war im weiteren ein Antrag aus den Reihen der SVP für eine "Lex Reitschule". Gemeinden, die zum Beispiel durch "Duldung rechtsfreier Räume" Interventionskosten mitverschuldeten, sollten eine höhere Pauschale zahlen müssen. Die Ratsmehrheit wollte davon nichts wissen.
Die künftige Abgeltung der Polizeikosten ist ein - wenn auch unspektakuläres - Kernstück der Gesetzesrevision. Die Beiträge der Gemeinden sollen pauschalisiert werden, so lässt sich der administrative Aufwand der Polizei verringern. Das blieb in der ersten Lesung am Montag unbestritten.
Zu den heiklen noch offenen Fragen gehört eine Bestimmung über Fahrende, welche die Sicherheitskommission einbauen will. Dabei geht es um schärfere Bestimmungen zur Wegweisung von Fahrenden bei illegaler Grundstück-Besetzung. Die Beratungen werden am Dienstag fortgesetzt.
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