«Unverhältnismässig» Beschwerde gegen umstrittenes Demoverbot in Bern eingereicht

SDA/phi

12.12.2023 - 10:34

Der Stadtberner Gemeinderat schränkte unter anderem mit Blick auf die Nahost-Kundgebungen das Demonstrationsrecht im November vorübergehend ein. Nun ist gegen den Entscheid eine Beschwerde eingereicht worden.
Der Stadtberner Gemeinderat schränkte unter anderem mit Blick auf die Nahost-Kundgebungen das Demonstrationsrecht im November vorübergehend ein. Nun ist gegen den Entscheid eine Beschwerde eingereicht worden.
Keystone

Im November hat der Berner Stadtrat Demonstrationen auf dem Bundesplatz für dieses Jahr verboten. Dagegen regt sich nun juristischer Widerstand.

Keystone-SDA, SDA/phi

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  • Zwischen dem 17. November und Neujahr darf auf dem Berner Bundesplatz nicht mehr demonstriert werden, hat der Stadtrat beschlossen.
  • Gegner kritisieren das als «unverhältnismässig und widerrechtlich».
  • Drei Gruppen haben nun Beschwerde gegen die Anordnung eingereicht.

Die demokratischen Juristinnen und Juristen Bern, die SP sowie das Grüne Bündnis Bern haben eine Beschwerde gegen die vorübergehende Einschränkung von Demonstrationen in Bern eingereicht. Das «faktische Demonstrationsverbot», wie die Gegner es nennen, beschloss der Gemeinderat im November.

Vom 17. November bis Weihnachten sollten keine Grosskundgebungen und Umzüge mehr in der Innenstadt bewilligt werden, teilte die Stadtregierung mit. Es stünden bereits zahlreiche Veranstaltungen und Grossanlässe bevor und die öffentlichen Plätze seien stark genutzt. Dazu kämen auch sicherheitsrelevante Überlegungen.

Kleinere Kundgebungen, etwa Mahnwachen könnten aber weiterhin bewilligt werden. Auch ausserhalb des Stadtzentrums seien Demonstrationen möglich. Die Einschränkungen wurden nicht zuletzt mit Blick auf Kundgebungen zum wieder eskalierten Nahost-Konflikt erlassen.

«Jetzt ist mal gut»

Druck aufgebaut hatte zuvor der kantonale Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP). Der Regierungsrat rief in einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen zum Verzicht auf Palästina-Kundgebungen auf. Die Wahrscheinlichkeit von Gewalt sei gross.

Die Stadt Bern habe bereits drei Nahost-Kundgebungen bewilligt, die von einem grossen Polizeiaufgebot hätten begleitet werden müssen. «Jetzt ist mal gut», sagte der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause (Mitte).

Die Stadt Bern habe ein faktisches Kundgebungsverbot erlassen, hagelte es daraufhin Kritik aus links-grünen Kreisen. Solche Einschränkungen seien «unverhältnismässig und widerrechtlich», betonten schon damals die Demokratischen Juristinnen und Juristen Bern. Auch die linksgrüne Stadtratsmehrheit stimmte in die Kritik ein.

In der Kritik

Sicherheitsdirektor Reto Nause verteidigte den Entscheid, liess aber wissen, dass man jedes Kundgebungsgesuch – wie bisher – im Einzelfall prüfe. Es gehe also nicht um ein Demonstrationsverbot.

Tatsächlich fanden in Bern seit Mitte November von den Behörden bewilligte Kundgebungen statt. Eine Demonstration der Physiotherapiebranche zog über 10'000 Menschen an. Auch eine Kundgebung zum Nahost-Konflikt fand auf der Schützenmatte statt.

Im Zentrum stand der Friede und ein Waffenstillstand in der Konfliktregion, ohne für eine oder andere Seite Partei zu ergreifen. Eine unbewilligte Kundgebung von mehreren Dutzend Personen gegen das Demonstrationsverbot hingegen, löste die Polizei auf.

Grundsätzliche Bedenken

Der gemeinderätliche Beschluss habe, unabhängig von der Einzelfallprüfung, eine abschreckende Wirkung nach aussen erzielt, argumentierten am Dienstag die Demokratischen Juristinnen und Juristen sowie die beiden Parteien. Diese abschreckende Wirkung stelle einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit dar.

Der Beschluss lasse – entgegen der Behauptungen des Gemeinderats – keinerlei Spielraum offen, sondern entscheide absolut. Mit einer entsprechenden Medienmitteilung ist auch die Öffentlichkeit rechtswirksam informiert worden.

Die Beschwerde wurde am 8. Dezember beim Regierungsstatthalteramt in Bern eingereicht.