Vor dem Bieler Regionalgericht muss sich seit Mittwoch ein mazedonisches Ehepaar wegen Sozialhilfebetrugs verantworten. Den beiden wird vorgeworfen, während acht Jahren Einkommen von insgesamt rund 280‘000 Franken nicht deklariert zu haben.
Die Anklage wirft dem Paar gewerbsmässigen Betrug vor und fordert bedingte Freiheitsstrafen von 21 Monaten für den heute 56-jährigen Angeklagten und 18 Monate für seine 53-jährige Ehefrau. Die beiden hätten die Sozialbehörden arglistig und vorsätzlich getäuscht, sagte die Staatsanwältin.
So habe der Mann im Oktober 2005 nur vier Tage, bevor die Sozialhilfe beantragt wurde, ein Bankkonto eingerichtet, auf welches in der Folge die undeklarierten Gelder geflossen seien. Beim Sozialdienst gab der Mann vor, auf Stellensuche zu sein. Deklariert wurde lediglich das Einkommen der Ehefrau.
Temporärjobs nicht deklariert
Ab Dezember 2005 erzielte der Mann jedoch regelmässig Einnahmen aus Temporärjobs. So arbeitete er während Jahren beim Arbeitsvermittler Adecco als Wagenreiniger für die SBB. Den Behörden legte er regelmässig Angaben zu seinen Arbeitsbemühungen vor, die er laut Anklageschrift "teilweise frei erfunden hatte."
In den Jahren 2005 sowie 2008 bis 2012 bezog das Ehepaar mit drei Kindern Sozialleistungen im Umfang von knapp 244‘000 Franken, was der Familie pro Monat im Durchschnitt zusätzliche Einnahmen von rund 4100 Franken bescherte. Die Stadt Biel als Privatklägerin macht inklusive Zinsen einen Schaden von 295‘000 Franken geltend.
Ans Licht kamen die Unregelmässigkeiten nach vertieften Abklärungen der Behörden im Jahre 2013. Die Stadt Biel verlangte die unrechtmässig bezogene Sozialhilfe zurück. Seither stottern die Angeklagten die bezogenen Gelder in Raten von monatlich 500 Franken ab.
"Chaotische Verhältnisse" im Sozialdienst
Die Verteidigung plädierte für beide Eheleute auf Freispruch. Die "chaotischen Verhältnisse" bei den Bieler Sozialdiensten hätten zu Missverständnissen und Verfahrensfehlern geführt, kritisierte die Anwältin des Mannes. Ihr Mandant sei offensichtlich überfordert gewesen und ungenügend betreut worden.
Er habe nicht begriffen, dass er sein temporäres Arbeitsverhältnis bei der Sozialhilfe hätte deklarieren müssen. Das Einkommen sei jedoch stets ordentlich versteuert und der Regionalen Arbeitsvermittlung (RAV) gemeldet worden, betonte die Pflichtverteidigerin. Es sei unbegreiflich, dass die Sozialdienste nie eine Steuererklärung eingefordert hätten.
Sowohl der heute 56-jährige Angeklagte wie auch seine 53-jährige Ehefrau verweigerten bei der Befragung vor dem Regionalgericht die Aussage. Sie seien im Rahmen der Strafuntersuchung derart "eingeschüchtert" worden, dass sie trotz Übersetzer nichts mehr sagen wollten, erklärte die Verteidigung.
Das dreiköpfige Kollegialgericht gibt sein Urteil am Freitag bekannt.
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