Justiz Gericht verurteilt Strippenzieher eines faulen Kunst-Deals

SDA

29.5.2019 - 18:34

Gefängnis für zwei Kunstbetrüger: Amtshauseingang in Bern. (Archivbild)
Gefängnis für zwei Kunstbetrüger: Amtshauseingang in Bern. (Archivbild)
Source: KEYSTONE/YOSHIKO KUSANO

Das Berner Wirtschaftsstrafgericht hat am Mittwoch die beiden Strippenzieher eines faulen Kunst-Deals zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Die beiden hätten jahrelang Leute betrogen und auf deren Kosten gelebt.

Der eigentliche Kopf des Duos bekam vom erstinstanzlichen Gericht eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten wegen Betrugs und Geldwäscherei aufgebrummt. Dazu kommt eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 30 Franken.

Der vom Gericht als Mittäter verurteilte zweite Angeschuldigte wurde zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Bei ihm wirkte sich strafverschärfend aus, dass er bereits 2012 wegen Betrugs verurteilt worden war.

Das Wirtschaftsstrafgericht in Bern sah es als erwiesen an, dass die beiden zahlreiche Geldgeber mit zwei angeblichen Meisterwerken der Malerei über Jahre abgezockt hatten. Die Deliktsumme liegt laut Anklage bei rund 10 Millionen Franken.

Nicht Opfer, sondern Täter

Die beiden Angeklagten sahen sich vor Gericht mehr als Opfer denn als Täter. Sie hätten an den Deal und die Echtheit der Bilder geglaubt, beteuerten beide.

Doch Gerichtspräsidentin Barbara Lips nahm dies den beiden nicht ab. Der Fall belege den Wunsch der beiden Hochstapler, Wirklichkeit zu schaffen. Doch die aufgetischten Geschichten und die Realität klafften sehr weit auseinander.

Die beiden haben laut Lips ein Talent, Menschen für sich einzunehmen und ihnen Lügengeschichten als Tatsachen zu verkaufen. Als «Menscheneinwickler» bezeichnete die Gerichtspräsidentin die beiden.

Ungleiches Duo mit gleicher Absicht

Vor Gericht stand ein auf den ersten Blick sehr ungleiches Duo: ein markiger Barbetreiber aus dem Zürcher Langstrassenviertel und ein ebenso eloquenter wie lässig-eleganter Berner Geschäftsmann.

Gemeinsam war den beiden, dass sie sich in der finanziellen Halbwelt bewegten und notorisch in Geldnöten steckten. Laut Gericht versuchten sie Geld aufzutreiben für einen angeblich kurz vor dem Abschluss stehenden Kauf zweier Meisterwerke von Tizian und Rembrandt.

Die Bilder stammten von einem klammen Zürcher Kunstliebhaberpaar, das für den Tizian einen verhältnismässig günstigen Preis verlange und den Rembrandt gleich dazu schenke, so die Geschichte der beiden.

Die Meisterwerke würden sich für das x-fache des Kaufpreises verkaufen lassen – ein Dutzende Millionen schweres Geschäft. Die Geldgeber erhofften sich derweil einen Anteil an diesem Kuchen.

Aus immer neuen Gründen wurde der Kauf der beiden Bilder aber stets hinausgeschoben. Statt Geld zu erhalten, sahen sich die Geldgeber mit immer neuen Forderungen konfrontiert.

Der Berner Geschäftsmann kam nach dem Konkurs seiner Firma 1996 aus dem Tritt und lebt laut Gericht seit Jahren vom Geld, das er Bekannten abschwatzt, unter anderem auch mit einem mehr als fragwürdigen Gesundheitsprodukt. Der Mann habe manipulative Züge, ein übersteigertes Selbstbewusstsein und mindestens ebenso viel Selbstmitleid, konstatierte Lips.

Der Zürcher Barbetreiber kam beim Gericht auch nicht besser weg. Auch er habe ein Talent freundschaftlich wirkende Beziehungen aufzubauen. Mit Lügengeschichten habe er seine Gläubiger zum Teil in existenzielle Not gebracht. Rund acht Jahre habe auch er fast ausschliesslich auf Kosten anderer gelebt.

Das in Geldnöten steckende Duo habe gewusst, dass der Deal faul sei und habe die Geldgeber arglistig betrogen, betonte Lips.

Geld auf Abwegen

Das Geld floss denn auch gar nicht in den Gemälde-Deal, sondern in die Bar des Angeklagten im Zürcher «Chreis Cheib», nach Brasilien zu seiner damaligen Freundin, zum Berner Geschäftsmann und in weitere Kanäle.

Weder der Barbetreiber noch der Geschäftsmann unternahmen laut Gericht seriöse Bemühungen, die Bilder zu verkaufen. Kein Wunder, denn die angeblichen Meisterwerke waren wenig werthaltig.

Der vermeintlich echte Rembrandt war wertlos, der ebenso vermeintlich echte Tizian kaum vom Meister selber gemalt, sondern bestenfalls in dessen Werkstatt von einem Gehilfen angefertigt. Beide Bilder stellten keinen Gegenwert für die empfangenen Millionen dar.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und ein Weiterzug offen, wie die Verteidiger der beiden Angeklagten sagten.

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