Kantonsfinanzen Grossratskommission will wegen Corona Schuldenbremsen überprüfen

SDA

19.8.2020 - 12:05

Das Kantonsparlament soll im Herbst in der Berner Festhalle eine Abänderung der Schuldenbremsen diskutieren: Das findet die Finanzkommission. (Archivbild)
Das Kantonsparlament soll im Herbst in der Berner Festhalle eine Abänderung der Schuldenbremsen diskutieren: Das findet die Finanzkommission. (Archivbild)
Source: KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA VALLE

Für die Finanzkommission des bernischen Grossen Rats ist angesichts der Coronakrise der Zeitpunkt gekommen, die in der bernischen Verfassung verankerten Schuldenbremsen zu überprüfen. Die Kommission empfiehlt dem Rat, in der Herbstsession einen von zwei Vorstössen zu den Schuldenbremsen vorläufig zu unterstützen.

Ja sagt die Finanzkommission (FiKo) zu einer parlamentarischen Initiative von Michael Köpfli (GLP/Wohlen bei Bern), wie der Grosse Rat am Mittwoch mitteilte. Köpfli schlägt vor, die in Artikel 101b der Berner Kantonsverfassung verankerte Schuldenbremse für die Investitionsrechnung abzuändern.

Dies in dem Sinn, dass eine im Budget vermerkte, investitionsbedingte Neuverschuldung des Kantons Bern dann zulässig würde, wenn sie durch positive Finanzierungssaldi des vorletzten Jahres und der drei vorherigen Jahre gedeckt wäre.

Heute verlangt der Artikel 101b der Kantonsverfassung, dass bei ganz oder teilweise fremdfinanzierten Investitionen der negative Finanzierungssaldo im Aufgaben- und Finanzplan des Kantons Bern zu kompensieren ist, also innerhalb von vier Jahren.

Parlamentarische Initiativen sind ausformulierte Erlasse oder Beschlüsse, welche dem Grossen Rat direkt zum Entscheid vorgelegt werden. Bei ihnen beschliesst der Rat zunächst, ob er diese vorläufig unterstützt. Tut er das, befasst sich eine Kommission nochmals eingehend mit dem Thema und stellt dem Rat nach ihren Beratungen nochmals einen Antrag.

Zwei Schuldenbremsen

In der Kantonsverfassung sind zwei Schuldenbremsen verankert: Jene für die Erfolgsrechnung in Artikel 101a und jene für die Investitionsrechnung in Artikel 101b. Mit der Schuldenbremse für die Investitionsrechnung gemäss Artikel 101b will der Kanton Bern verhindern, dass Investitionen zu einer Neuverschuldung führen.

Die grossrätliche Finanzkommission sagt nun, wegen der Corona-Krise zeichneten sich für den Kanton Bern hohe Defizite ab. Wenn er diese nach dem vorgesehenen Mechanismus der Schuldenbremsen kompensieren wollte, müsste er massiv sparen oder allenfalls die Steuern erhöhen.

Das könnte die wirtschaftliche Lage vieler Personen noch zusätzlich substantiell verschlechtern. Auch die Investitionen sollten aus konjunkturellen Überlegungen nicht reduziert werden. Deshalb beantrage die FiKo dem Grossen Rat mit knappem Mehr, Köpflis Initiative vorläufig zu unterstüzen.

Nein sagt die FiKo hingegen zu einer Motion von Natalie Imboden (Grüne/Bern) und Jakob Etter (Treiten/BDP), in der es um beide Schuldenbremsen in der Kantonsverfassung geht.

Auf Anfrage begründete FiKo-Präsident Daniel Bichsel diesen Enscheid damit, dass beim Instrument der Parlamentarischen Initiative der Grosse Rat das Heft in der Hand behalte. Wenn hingegen der Rat eine Motion überweise, arbeite der Regierungsrat einen Vorschlag aus.

Ausserdem habe Köpfli der FiKo bei einer Anhörung gesagt, er habe nichts gegen eine Ausweitung seiner Überlegungen auf das Instrument der Schuldenbremse für die Erfolgsrechnung. Laut der Mitteilung vom Mittwoch will die FiKo eine Anpassung beider Schuldenbremsen prüfen.

Köpfli spricht von «Flexibilisierung»

Ob die Schuldenbremse für die Investitionsrechnung gelockert werden muss, ist im Grossen Rat und im Regierungsrat nicht erst seit der Coronakrise ein Thema. Erörtert worden ist die Frage auch, weil der Kanton in den nächsten Jahren zahlreiche Investitionen tätigen möchte und ein «Investitionsstau» droht.

Die Kantonsregierung wollte diesem Problem mit einem Fonds zur Finanzierung von strategischen Investitionsvorhaben begegnen. Doch lehnte die Fiko dieses Ansinnen – gestützt auf ein Gutachten – als nicht verfassungskonform ab.

Köpfli sah deshalb den Ausweg in einer «Flexibilisierung» der bernischen Schuldenbremse durch eine «Mehrjahresbetrachtung», wie er in seiner vor einem Jahr eingereichten Parlamentarischen Initiative schreibt. Mit seinem Vorschlag werde die Einlage von Finanzierungsüberschüssen in einen Fonds überflüssig.

Mit der Anpassung der Schuldenbremse gemäss seinem Modell werde einfach die Logik von Absatz drei von Artikel 101b übernommen, wo stehe, dass ein Rechnungsdefizit im Budget des übernächsten und der drei nachfolgenden Jahre kompensiert zu kompensieren sei.

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