Die Rechnung 2019 des Kantons Bern schliesst mit einem Ertragsüberschuss von 265 Millionen Franken. Das ist das beste Ergebnis seit einem Überschuss von 268 Millionen im Jahr 2009.
Wie die Berner Regierung am Dienstag mitteilte, erzielte der Kanton Bern im vergangenen Jahr höhere Erträge als budgetiert und gab weniger aus als geplant.
Auf Ertragsseite profitierte die Berner Staatskasse von der doppelten Gewinnausschüttung der Nationalbank. Zudem fielen die Erträge bei mehreren Steuern höher aus als budgetiert, etwa bei den Anteilen an der direkten Bundessteuer, der Grundstückgewinn- und der Erbschafts- und Schenkungssteuer.
Die Steuererträge von natürlichen Personen und von Firmen fielen allerdings etwas tiefer aus als erwartet, nämlich um 35 respektive 39 Millionen Franken.
Auf der Aufwandseite fielen die Personalkosten tiefer aus als angenommen. Auch bei der Spitalversorgung, dem öffentlichen Verkehr und den Prämienverbilligungen bezahlte der Kanton Bern im Jahr 2019 weniger als im Budget vorgesehen. Im Voranschlag 2019 war der Kanton Bern von einem Ertragsüberschuss von 123 Millionen Franken ausgegangen.
Einen Aufwand von 11,23 Milliarden Franken wies der Kanton Bern im vergangenen Jahr aus. Er investierte netto 374 Millionen Franken und finanzierte diese vollumfänglich aus eigenen Mitteln. Die Verschuldung stieg im vergangenen Jahr leicht um 16 Millionen auf 8,78 Milliarden Franken.
Im vergangenen Jahr verzeichnete der Kanton Bern mit einem Plus von 261 Millionen Franken ein fast ebenso gutes Ergebnis wie in diesem Jahr. In den vergangenen zehn Jahren schrieb der Kanton Bern nur einmal tiefrote Zahlen: In der Rechnung 2012, als ein Aufwandüberschuss von 196 Millionen Franken resultierte.
Simon: Rechnung 2020 «ganz anders»
An einer Medienkonferenz in Bern sprach die kantonale Finanzdirektorin Beatrice Simon von einem guten Resultat, das dem Regierungsrat und ihr Freude bereite. Der Regierungsrat sei sehr sorgfältig und haushälterisch mit den Mitteln umgegangen. Besser werden müsse der Kanton aber bei den Investitionen.
Von den budgetierten Vorhaben im Umfang von 436 Millionen wurden 62 Millionen nicht ausgeschöpft.
Schon jetzt sei klar, dass die Rechnung des laufenden Jahres angesichts der Coronakrise «ganz anders» aussehen werde, sagte Simon weiter. Die Erträge würden weniger hoch ausfallen, gewisse Aufgabenposten stiegen, etwa in der Gesundheit und der Sozialhilfe. Eine Prognose abzugeben, sei aber derzeit unmöglich.
Derzeit könne nicht gesagt werden, ob die geplante Steuersenkung noch realistisch sei, sagte Simon auf eine Journalistenfrage. Dieses Thema müsse im Herbst anlässlich der Budgetdebatte aufs Tapet kommen.
Im Herbst wird das Kantonsparlament den zweiten Teil der Steuergesetzrevision 2021 beraten, nachdem der Grosse Rat Anfang März einen ersten Teil verabschiedet hat. Im zweiten Teil geht es um Steuersenkungen für natürliche und juristische Personen.
Links-Grün will mehr Geld für Pflege
In Reaktionen auf die Rechnung forderten die Grünen und die SP Kanton Bern am Dienstag bereits einen Stopp von Steuersenkungen angesichts der Coronakrise. Angesichts des Überschusses brauche es nun ein Impulsprogramm für die Verbesserung von Löhnen und Arbeitsbedingungen in der Pflege, der Betreuung und der Schule.
Dafür sei das Geld zu verwenden, nicht für Schuldenabbau, so die Grünen. Für sie ist «besorgniserregend», dass ihnen zufolge die Gewinnsteuern von Firmen im vergangenen Jahr um zehn Prozent sanken. Die SP schreibt, familienergänzende Kinderbetreuung sei «systemrelevant». Das zeige die Corona-Krise.
Für die EVP des Kantons Bern haben «glückliche Zufälle» zu einer guten Rechnung geführt – die doppelte Gewinnausschüttung der Nationalbank, höhere Steuererträge und der tiefere Personalaufwand. Das seien also keine nachhaltigen Haushaltverbesserungen.
«Sehr erstaunt» ist die EVP, dass der Regierungsrat angesichts des grossen Investitionsbedarfs des Kantons Bern das Investitionsbudget nicht ausschöpfte. Auch der SVP, der BDP und der FDP des Kantons Bern missfällt, dass die Investitionen unter Budget liegen. Die FDP spricht von einer «nach wie vor übermässigen Steuerbelastung».
Der Bernische Staatspersonalverband BSPV teilte seinerseits mit, nun sei es an der Zeit, das Stellenmoratorium beim Kanton Bern zu überdenken.
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