Grosser Rat BE Kanton Bern steigt aus Beteiligung an Lehrmittelverlagen aus

pa, sda

9.6.2021 - 19:10

Der Kanton Bern will Lehrmittel künftig auf dem freien Markt beziehen. (Symbolbild)
Der Kanton Bern will Lehrmittel künftig auf dem freien Markt beziehen. (Symbolbild)
Keystone

Der Kanton Bern beteiligt sich nicht mehr an Lehrmittelverlagen. Dies hat der Grosse Rat am Mittwoch bei der Revision des Volksschulgesetzes beschlossen.

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Das Kantonsparlament stimmte mit 94 zu 61 Stimmen dem Antrag der Bildungskommission (BiK) zu, die Beteiligung an Verlagsunternehmen aus dem Gesetz zu streichen. BiK-Sprecher Daniel Arn (FDP) verwies dazu auf eine 2019 vom Parlament überwiesene Motion, wonach der Kanton Bern seinen Anteil am Schulverlag plus AG verkaufen soll.

Minderheitssprecher Bruno Vanoni (Grüne) gab zu bedenken, eine Vorwegnahme dieses Verkaufs durch eine Gesetzesänderung schwäche die Verhandlungsposition des Staates und drücke auf den Verkaufspreis. Die SP ihrerseits wollte an einer staatlichen Beteiligung an Verlagen festhalten, um das Lehrmittelangebot zu sichern.

Bildungsdirektorin Christine Häsler (Grüne) machte keinen Hehl aus ihrer persönlichen Meinung, wonach es «nicht falsch wäre, wenn ein grosser zweisprachiger Kanton sich auf einen Verlag stützen könnte». Das Parlament habe aber mit der früher überwiesenen Motion klar entschieden, dass sich der Kanton von der Beteiligung lösen solle.

Mindeststandards für Tagesschulen

Weiter befasste sich der Grosse Rat in der zweiten Gesetzeslesung mit den Tagesschulen. Eine Mehrheit sprach sich dabei dafür aus, dass die Regierung Minimalvorschriften zu Qualitätsstandards erlässt, welche auch die Ausbildung des Personals und die Anforderungen an die Räumlichkeiten beinhalten.

Die Bildungskommission hätte den Gemeinden mehr Spielraum geben sowie ins Gesetz schreiben wollen, dass eine Betreuungsperson einzig über «die notwendige Eignung und Erfahrung im Umgang mit Kindern» verfügen solle. Mit 88 zu 65 Stimmen lehnte der Rat diesen Passus ab. Die Mehrheit befürchtete eine Schwächung der Betreuungsqualität.

Nichts wissen wollte die Mehrheit zudem von einer Indexierung des massgebenden Einkommens für die Ermässigung von Gebühren für Tagesschulen. Sie lehnte mit 99 zu 51 Stimmen einen Antrag der BiK-Minderheit ab, die als Maximum das 1,5-Fache des Medianlohns gemäss Lohnstrukturerhebung im Gesetz verankern wollte.

«Spiegelfechterei» um Kompetenzen

Eine Grundsatzdebatte entflammte zudem zur Regelung der Finanzkompetenzen. SVP und FDP wollten eine direktere Einflussnahme des Parlamentes bei den Kostenfolgen von Lehrplanentscheiden. Der Rat lehnte dies mit 86 zu 70 Stimmen ab. Die Mehrheit erachtete eine Mitsprache im Rahmen des Budgetprozesses aber als ausreichend.

GLP-Sprecher Thomas Brönnimann warf den Antragsstellern gar eine «Spiegelfechterei» vor. In Tat und Wahrheit gehe es ihnen um Einfluss auf den Lehrplan. Auch EVP-Sprecherin Christine Grogg-Meyer warnte davor, «Tür und Tor zu öffnen» für eine politische Einmischung zu den Inhalten.

Der Rat konnte die zweite Lesung am Mittwochabend nicht mehr abschliessen. Am Donnerstag stehen noch letzte Änderungsanträge auf der Traktandenliste – unter anderem zur Frage, ob es beim Grundsatz rauchfreier Schulareale eine Ausnahme für Lehrpersonen und bei öffentlichen Anlässen geben solle.