Die aufsichtsrechtliche Anzeige gegen den Kirchgemeinderat Melchnau wegen angeblicher Diskriminierung eines homosexuellen Ratsmitglieds bleibt ohne Folgen. Der Oberaargauer Regierungsstatthalter verzichtet nach der Untersuchung des Falls auf Massnahmen.
Wie Statthalter Marc Häusler in einer Mitteilung vom Donnerstag schreibt, ist er zum Schluss gekommen, dass keine ernsthafte Störung oder Gefährdung der ordnungsgemässen Verwaltung vorlag. Er schliesst deshalb seine aufsichtsrechtliche Untersuchung ab, ohne weitere Massnahmen zu definieren.
Zwar habe es verschiedene, zum Teil auch schriftliche Äusserungen der ehemaligen Kirchgemeinderatspräsidentin gegeben, in denen dem betroffenen Kirchgemeinderat die Eignung zur Amtsführung aufgrund seiner Homosexualität abgesprochen worden sei.
Gleichzeitig hätten aber alle Beteiligte, inklusive der betroffene Kirchgemeinderat, bestätigt, dass es im Allgemeinen zu keiner Ungleichbehandlung von einzelnen Kirchgemeinderäten durch die ehemalige Präsidentin gekommen sei. Eine konkrete Diskriminierung des homosexuellen Kirchgemeinderats durch den Gesamtkirchgemeinderat sei deshalb nicht festzustellen gewesen.
«Vielmehr ergab sich im Rahmen der Untersuchung das Bild, dass der betroffene Kirchgemeinderat mit seinen Ideen und Anliegen innerhalb des Rats keine Mehrheiten fand», heisst es in der Mitteilung weiter. «Er war deshalb enttäuscht und fühlte sich unverstanden».
Statthalter Häusler schreibt auch, die ablehnend Haltung der ehemaligen Präsidentin gegenüber Homosexuellen in der Kirche und insbesondere im Kirchgemeinderat hätte die ordnungsgemässe Verwaltung der Kirchgemeinde «grundsätzlich ernsthaft und nachhaltig stören können». Da die Präsidentin aber zurückgetreten sei, habe sich die Situation beruhigt.
Zwei Anzeigen
Im September waren beim Regierungsstatthalteramt zwei aufsichtsrechtliche Anzeigen eingegangen: Eine wegen des Verdachts auf Diskriminierung eines homosexuellen Kirchgemeinderats und eine wegen angeblicher Verletzung des Amtsgeheimnisses und des Datenschutzes.
Bei letzterer ging es um eine vom Kirchgemeinderat veröffentlichte Medienmitteilung. Mehrere Berner Medien berichteten im September über diese Anzeigen.
Auch die zweiten Anzeige veranlasst Statthalter Häusler nicht zum Handeln: Die Medienmitteilung habe die Probleme zwischen Gesamtkirchgemeinderat und dem betroffenen Mitglied offengelegt, ohne das Amtsgeheimnis und Datenschutzbestimmungen zu verletzen.
«Zusammengefasst haben sich die Anzeichen auf eine ernsthafte und nachhaltige Störung oder einer Gefährdung der ordnungsgemässen Verwaltung der Kirchgemeinde Melchnau während der Untersuchung nicht bestätigt», steht im Communiqué. «Aus diesem Grund ist ein Einschreiten des Regierungsstatthalters nicht angezeigt.»
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