Prozess in ThunMutter des Findelkinds: «Habe mir keine Gedanken gemacht»
SDA, gbi
21.6.2022 - 10:19
Eine 44-jährige Frau steht in Thun vor Gericht, weil sie ihr Neugeborenes an einem Winterabend im Simmental in einem Entsorgungshof ausgesetzt hatte. Sie sagte, dass sie nichts von der Schwangerschaft bemerkt habe.
Keystone-SDA, SDA, gbi
21.06.2022, 10:19
21.06.2022, 11:06
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Die Mutter des Findelkindes von Därstetten BE, das im Januar 2020 nur knapp dem Tod entronnen ist, hat sich gemäss eigenen Aussagen «keine Gedanken gemacht» zur bevorstehenden Geburt des Mädchens.
«Hätte ich mir irgendwelche Gedanken gemacht, hätte ich sie nicht abgelegt», sagte die heute 44-Jährige unter Tränen am Gericht in Thun. Sie habe die Schwangerschaft bis zur Geburt nicht bemerkt, gab die Frau zunächst an. Oder sie habe sie vielleicht auch nicht bemerken wollen.
Konfrontiert mit anderslautenden Aussagen aus Einvernahmen, sagte die Angeklagte jeweils nur, sie wisse es nicht mehr. Wenn es so festgehalten worden sei, dann stimme es wohl.
Geburt sei «sehr plötzlich» gekommen
Die Geburt um die 35., 36. Schwangerschaftswoche herum sei sehr plötzlich gekommen. Das Kind habe sie unmittelbar danach am Abend des 3. Januar 2020 im Werkhof von Därstetten abgelegt, weil sie davon ausgegangen sei, dass es dort gefunden werde.
Ein medizinisches Gutachten besagt, dass das Neugeborene am nächsten Morgen stark unterkühlt, ungesäubert und ohne Nahrung aufgefunden wurde. Der Tod des Kindes sei unmittelbar bevorgestanden.
Laut Anklage stammt das Kind nicht vom Lebenspartner der Frau, sondern aus einer Affäre. Vor beiden Männern hielt sie die Schwangerschaft geheim.
«Ich wollte einfach nur weg»
Unmittelbar nach der Geburt und dem Ablegen des Kindes hatte die Frau mit ihrem Lebenspartner per Mobiltelefon Kontakt. Dabei ging es um einen geplanten Drogenkauf noch am selben Abend in Münsingen. Die Frau fuhr in der Nacht mehrmals in der Nähe des Entsorgungshofs in Därstetten durch, ohne nach dem Kind zu schauen.
Warum sie das nicht gemacht habe, konnte sie vor Gericht nicht erklären. Sie schüttelte nur tränenreich den Kopf. Sie wisse nicht, was ihr dabei durch den Kopf gegangen sei.
Heute lebt die Frau im Ausland. «Ich wollte einfach nur weg», sagte sie vor Gericht. Für die Verkündigung des Urteils am Donnerstag hat sie sich vom Gericht dispensieren lassen.
Die Angeklagte wuchs in Deutschland in Heimen auf. Sie hat vier Kinder, die alle nicht bei ihr leben.