Klimademo auf Bundesplatz Nationalrat will Auflösung des Klima-Camps

sda/phi

21.9.2020

Die Stadtberner Regierung stellt den Klima-Aktivisten ein Ultimatum: Sie sollen den Bundesplatz bis Dienstagmittag verlassen. Ansonsten droht eine polizeiliche Räumung.

Die Klimabewegung hatte am Montagabend angekündigt, einen Teil des Bundesplatzes am Dienstagmorgen für den Wochenmarkt vorübergehend freizugeben. Für den Berner Gemeinderats ist das ein begrüssenswerter Schritt, aber nicht mehr.

Denn die Aktivisten möchten ihr Camp ab Dienstagmittag vor dem Bundeshaus fortsetzen. Der Gemeinderat bietet ihnen stattdessen an, auf den 200 Meter entfernten Waisenhausplatz zu zügeln. Zuvor hatte die Stadt Bern die Schützenmatte vor der Reitschule angeboten, was die Aktivisten aber abgelehnt hatten.

Nationalrat verlangt Auflösung des Camps

Der Nationalrat fordert die Berner Stadtbehörden am Abend auf, das unbewilligte Camp der Klimaaktivisten auf dem Bundesplatz aufzulösen. Er hat einen entsprechenden Ordnungsantrag von Thomas Aeschi (SVP/ZG) mit 109 zu 83 Stimmen angenommen.

Ein Gesuch der SVP für einen Anlass zur Begrenzungsinitiative auf dem Bundesplatz habe die Stadt Bern nicht bewilligt. Die Klimaaktivisten, die kein Gesuch gestellt hätten, würden aber toleriert.

«Wir sind der Meinung, dass man eine solche Aktion nicht einfach tolerieren sollte», begründete Aeschi am Montagabend seinen Antrag.

Aktivisten wollen Platz machen – aber nicht weichen

Sollte sich die Klimabewegung gegen einen Umzug aussprechen, will sich der Gemeinderat am Dienstagnachmittag nochmals zu einer ausserordentlichen Sitzung treffen. «Bis dahin verzichtet er auf eine Räumung des Bundesplatzes», heisst es im Communiqué.

Die Ratspräsidien pochen auf die Einhaltung des Kundgebungsverbots vor dem Bundeshaus in Bern. Die Klimaaktivisten wollen am Dienstag zwar Platz für den traditionellen Märit machen – aber nicht zusammenpacken.

Die Präsidien von National- und Ständerat erwarten von den bernischen Behörden, dass sie schnellstmöglich für die Einhaltung des geltenden Rechts auf dem Bundesplatz sorgen. Dieser wird seit Montagmorgen 4.30 Uhr von mehreren hundert Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten besetzt.

Die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung schreibt in ihrer Note vom Montag an die Regierungen von Kanton und Stadt Bern, dass diese die Unrechtmässigkeit der nicht bewilligten Veranstaltung festzustellen und für die Einhaltung der geltenden Rechtsbestimmungen zu sorgen hätten.

Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Sicherheit der Ratsmitglieder und deren Zugang zum Parlamentsgebäude während der ganzen Session sichergestellt sei. Zudem müsse der Ständerat seine Beratungen ohne Störungen, insbesondere durch Lärm, durchführen können.

Demonstration für das Klima: Der Bundesplatz in Bern am 21. September.
Demonstration für das Klima: Der Bundesplatz in Bern am 21. September.
Bild: Keystone

Mehrere hundert Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten besetzen seit dem frühen Montagmorgen den Bundesplatz und versperren den Zugang für den Strassenverkehr auf Seite Bärenplatz. Der Zugang zum Bundeshaus ist hingegen frei. Die Mitglieder der eidgenössischen Räte wurden lautstark, aber friedlich empfangen.

Protest vorerst geduldet

Die Stadtberner Behörden suchen den Dialog mit den Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten. Die Polizei hielt sich bislang zurück. Kontakte mit allen Beteiligten hätten stattgefunden, teilte sie am Vormittag auf Twitter mit. Nun liefen die weiteren Abklärungen durch die Stadt Bern.

Die Klima-Aktivisten hatten nach der Besetzung angekündigt, die ganze Woche auf dem Bundesplatz bleiben zu wollen. Das Camp sei mittlerweile fertig aufgebaut, teilten sie am Vormittag auf Telegram mit.

Sie wollen nach eigenen Angaben dafür sorgen, dass der Wochenmarkt am Dienstag wie immer vor dem Bundeshaus stattfinden kann. Man werde bis Dienstagmorgen alle verschiebbaren Teile des Protestcamps «zur Seite schieben», sagte Frida Kohlmann, Sprecherin der Aktionswoche «Rise Up For Change». Mindestens die Hälfte des Bundesplatzes werde den Marktfahrern zur Verfügung stehen. «Wir freuen uns total auf den Märit.»

Nach dem Wochenmarkt wolle man das Protestcamp vor dem Bundeshaus fortsetzen. So habe es das Plenum am Montagnachmittag beschlossen. Der Vorschlag der Stadt Bern, das Camp auf die Schützenmatte zu verlegen, sei «nicht weiterverfolgt» worden.

Aufweichung des Kundgebungsverbots

Während der Sessionen gilt vor dem Bundeshaus seit 1925 ein allgemeines Kundgebungsverbot. Im Februar 2016 erklärte der Berner Stadtrat einen Vorstoss zur Lockerung des städtischen Kundgebungsreglementes erheblich.

In der Folge suchten die Stadt Bern und die Bundesversammlung nach einvernehmlichen Lösungsansätzen. Die Suche mündete in ein «Memorandum of Understanding». So sollten Kleinstkundgebungen, die keinen störenden Lärm verursachen, ohne Bewilligung möglich sein.

Grössere Kundgebungen sollten vorbehältlich von Spontankundgebungen weiterhin nicht bewilligungsfähig sein. Veranstaltungen würden während der Sessionen grundsätzlich nicht bewilligt.

Im Oktober 2019 erklärte die Berner Stadtregierung, dass während der Sessionen der Eidgenössischen Räte Klein-Kundgebungen auf dem Bundesplatz stattfinden dürfen. Ein seit Ende 2016 laufender Pilotversuch mit dieser Praxis habe sich bewährt.

Applaus bekommen die Klimademonstranten von Greenpeace Schweiz: Die Umweltschützer wollen selbst am Mittwoch auf dem Bundesplatz informieren. Greenpeace sammelt ausserdem gerade Unterschriften für eine Beschwerde gegen die Finanzplatz-Aufsicht Finma und die SNB im Parlament, die den Finanzsektor dazu zu bringen soll, klimafreundlicher zu agieren.

Zurück zur Startseite