Bern Rechtsstreit nach Formel-e-Rennen bringt Stadt Bern ins Schwitzen

hn, sda

30.1.2023 - 17:14

Mit Vollgas sirrten die E-Boliden 2019 den Aargauer Stalden in Bern hinunter. Der Grossanlass verursachte aber wegen finanzieller Schieflage der Organisatoren grössere Nachwehen, die noch nicht ausgestanden sind. (Archivbild)
Mit Vollgas sirrten die E-Boliden 2019 den Aargauer Stalden in Bern hinunter. Der Grossanlass verursachte aber wegen finanzieller Schieflage der Organisatoren grössere Nachwehen, die noch nicht ausgestanden sind. (Archivbild)
Keystone

Das Formel E-Rennen im Jahr 2019 in Bern und das nachfolgende finanzielle Debakel bewegen die Gemüter noch immer. Nun sieht sich die Stadt mit einem Rechtsstreit konfrontiert, der sich auf die gesamte Veranstaltungslandschaft in der Schweiz auswirken könnte.

Keystone-SDA, hn, sda

Das Formel-E-Rennen im Jahr 2019 wurde mit viel Pomp inszeniert, doch am Ende machten sich die Organisatoren quasi durch die Hintertüre davon – wenig später waren sie Pleite. Firmen, die für den Anlass arbeiteten, blieben auf ihren Forderungen sitzen.

So auch die Baufirma Marti AG. Sie ist auf 225'000 Franken sitzen geblieben, wie die Tamedia-Blätter am Montag berichteten. Dieses Geld will Marti nun von der Stadt Bern eintreiben, da bei der Renn-Organisatorin nichts mehr zu holen ist. Die Parteien werden sich in einigen Monaten vor Gericht wiedersehen.

Marti beruft sich auf ein sogenanntes Bauhandwerkerpfandrecht. Dieses im Zivilgesetzbuch festgeschriebene Recht gibt einem Handwerker ein Pfandrecht auf dem Grundstück auf dem er gearbeitet hat. Ein juristischer Kniff, der in einem solchen Zusammenhang wohl erstmals zur Anwendung kommen dürfte.

Die Strassen, auf denen die Marti AG für das Rennen gearbeitet hat, gehören der Stadt Bern, so die Argumentation der Baufirma. Auch wenn Martis Arbeiten nach den Rennen wieder zurückgebaut wurden, so habe die Stadt dennoch davon profitiert.

Die Stadt Bern ihrerseits sieht sich nicht in der Schuld. «Ein Veranstalter vergibt Aufträge an Dritte, und die Stadt soll dafür haften? Wir können doch nicht geradestehen für etwas, das wir nicht unterschrieben haben» wird der Stadtberner Gemeinderat Reto Nause in einem Interview auf dem Onlineportal der Berner Tamedia-Blätter zitiert.

Auswirkungen auf die ganze Schweiz

Es sei ganz klar der Veranstalter, der seine Verpflichtungen nicht wahrgenommen habe, nicht die Stadt, betonte Nause. Würde die Baufirma mit ihrer Argumentation beim Gericht Gehör finden, wäre das laut Nause für den Veranstaltungsort Bern «der Todesstoss». Denn: «Bei jedem Anlass, für den Arbeiten am Stadtboden nötig sind, könnten Baufirmen künftig die Stadt haftbar machen.»

Nause zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass es nicht soweit kommt. «Das wäre ein Präzedenzfall, der auf den gesamten Veranstaltungsort Schweiz erhebliche Auswirkungen hätte», sagte Nause.

Über 60 Jahre nach dem letzten Formel-1-Rennen auf dem Berner Bremgartenring machte der Swiss E-Prix, ein Rennen einer weltweiten Autorennsportserie für Elektromobile, im Jahr 2019 Halt in Bern. Diesmal heulten die Motoren nicht, sie sirrten.

Grossanlass löste viel Ärger aus

Doch der Grossanlass polarisierte die Bundesstadt. Der Anlass sei nicht nachhaltig, wurde etwa kritisiert. Für den Grossanlass seien mehr als tausend Lastwagenfahrten nötig und tausende Fans würden wohl mit dem Auto anreisen, lauteten die Befürchtungen. Auch Anwohner beschwerten sich über die langen Umwege, die sie wegen des Rennens in Kauf nehmen mussten.

Kaum ein Anlass hatte den öffentlichen Raum in Bern in den vergangenen Jahren derart stark in Beschlag genommen. Anfang 2020 war die Organisatorin des Rennens, die Swiss E-Prix Operations AG, pleite und wurde liquidiert.