Die öffentlichen Spitex-Organisationen im Kanton Bern bekommen eine Schonfrist: Im nächsten Jahr erhalten sie noch die gewohnten Kantonsbeiträge zur Abgeltung ihrer Versorgungspflicht. Ab 2019 müssen sie aber mit sechs Millionen Franken weniger auskommen.
Das hat der Grosse Rat am Mittwoch beschlossen und damit die geplante Sparmassnahme abgeschwächt. Der Regierungsrat wollte schon ab nächstem Jahr acht Millionen Franken weniger zahlen.
Die öffentlichen Spitex-Organisationen stehen in der Pflicht, Patienten im ganzen Kanton rund um die Uhr zu versorgen. Dafür erhalten sie eine Abgeltung durch den Kanton.
Das bisherige System mit Pro-Kopf-Beiträgen soll geändert werden, denn ein Kurzeinsatz in Bern verursacht der Spitex weniger Kosten als ein anspruchsvoller Einsatz in einem abgelegenen Gebiet. Dass die Systemänderung nicht über Nacht möglich sei, leuchtete der Ratsmehrheit ein. Sie gewährte daher eine einjährige Übergangsfrist.
Die Ratslinke bezeichnete die Kürzungen als grundsätzlich falsch. Weniger Spitex bedeute mehr Heimfälle - und das wiederum heisse, dass höhere Kosten an anderer Stelle entstünden. Die Massnahme gehe letztlich zulasten von Prämien- und Steuerzahlern. Auch den Gemeinden drohten erhebliche Mehrkosten.
Doch die Ratsmehrheit hielt eine Kürzung für vertretbar und akzeptierte mit 82 zu 69 Stimmen auch, dass sich künftig alle Patienten nach dem 65. Altersjahr mit knapp 16 Franken pro Tag an den Kosten beteiligen müssen. Bislang galt ein einkommensabhängige Regelung. Der Kanton Bern kann so 13 Millionen Franken sparen.
Die Massnahme stelle die Qualität der Spitex nicht in Frage, befanden die Befürworter. Die Kürzung sei aber unsozial, erklärten die Gegner. Manch ein Spitex-Patient werde sich die 16 Franken pro Tag nicht leisten können. Müsse er deshalb ins Heim, führe das wieder zu Mehrkosten für die Allgemeinheit.
Schnegg kritisiert Spitex
Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg erinnerte daran, dass Alte im Heim auch einen Beitrag leisten müssten. Es handle sich also um eine Frage der Gerechtigkeit. Natürlich könnten nicht alle Patienten die Spitex-Beteiligung bezahlen, aber dafür gebe es ja Ergänzungsleistungen. Das sei im Entlastungspaket berücksichtigt.
Schnegg übte im weiteren scharfe Kritik an den öffentlichen Spitex-Organisationen, die im Gegensatz zu den privaten die Fragen des Kantons zu ihrer Kostenstruktur nicht beantwortet hätten. Sie hätten vorgegeben, die Berechnung der gewünschten Zahlen würde erheblichen Mehraufwand bedeuten.
Dieselben Organisationen hätten kurz darauf eine "wissenschaftliche Studie" erarbeiten lassen, die angeblich belege, dass die Abgeltung für die Versorgungspflicht schon heute nicht hoch genug sei.
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