JustizStrafanträge der Anwälte liegen nach Hammerangriff weit auseinander
SDA
8.1.2020 - 17:48
Im Prozess um einen Afrikaner, der vor fast zehn Jahren in Bern mit einem Hammer auf seine Frau einschlug, liegen die Strafanträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung meilenweit auseinander. Umstritten ist, ob der Mann die Portugiesin wirklich töten wollte.
Für Staatsanwalt César Lopez ist dies klar: Wer einem Menschen zweimal mit dem Hammer auf den Kopf schlage, dann mit einem Messer auf ihn einsteche und schliesslich heftig würge, der wolle töten, auch wenn die Schläge und Stiche nicht mit letzter Konsequenz geführt wurden.
Lopez sah den Tatbestand der versuchten vorsätzlichen Tötung und der qualifizierten Brandstiftung als erfüllt an und beantragte für den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren.
Ganz anders sah die Sache der Verteidiger Yves Amberg. Er warf der Staatsanwaltschaft vor, zu einfach von den Tathandlungen auf die dahinterliegende Absicht zu schliessen.
Verteidigung verneint Tötungsabsicht
Klar habe der Mann mit dem Hammer auf die Frau eingeschlagen und sie weiter malträtiert. Doch die Portugiesin habe keine lebensbedrohlichen Verletzungen davongetragen. Hätte sein Mandant wirklich töten wollen, so hätte er stärker zuschlagen, gezielter zustechen und fester würgen können.
Amberg verlangte für den Angeklagten einen Freispruch vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung. Der Afrikaner sei lediglich der einfachen Brandstiftung schuldig zu sprechen und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten zu verurteilen. Diese habe der Mann längst um ein mehrfaches abgesessen, wofür er entschädigt werden solle.
Keine Konfrontation
Der Angeklagte selber war am Mittwoch vor Gericht nicht eben gesprächig. Auf Lopez' Frage, ob er seine damalige Frau habe umbringen wollen, entgegnete er jedoch klar mit einem Nein.
Der Angeklagte räumt den Angriff mit dem Hammer ein. An den Einsatz des Messers und an das Würgen könne er sich aber nicht erinnern, gab er an. Zur Tatzeit litt der Angeklagte an einer psychischen Störung.
Am Mittwoch wurde vor Gericht auch das Opfer befragt, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Auch ein Aufeinandertreffen mit ihrem ex-Mann wurde strikt vermieden. Das Opfer habe nach dem Angriff jahrelang in Angst gelebt, schilderte die Anwältin der Privatklägerin deren Situation vor Gericht.
Dies umso mehr, als der mutmassliche Täter seinerzeit unter Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen worden war. «Aus mir völlig unerklärlichen Gründen», wie Staatsanwalt Lopez betonte. Der Angeklagte habe sich nicht lange bitten lassen und sich ins Ausland abgesetzt.
In Frankreich konnte er schliesslich angehalten werden und im August 2018 in die Schweiz überführt werden. Er befindet sich seither im vorzeitigen Strafvollzug in der Strafanstalt Thorberg.
Häusliche Gewalt
Am 9. November 2010 war es in der Wohnung des Mannes zu wüsten Szenen gekommen. Die Frau, die sich einen Monat zuvor vom Angeklagten getrennt hatte, wollte in dessen Wohnung Post abholen. In der Küche schlug der Afrikaner unvermittelt mit einem Hammer zweimal auf den Hinterkopf der Frau und verletzte sie.
Nachdem er sie zu Boden geworfen hatte, versuchte der Mann laut Anklage, die Frau mit einem Messer zu stechen. Dabei soll er sie an mehreren Körperstellen verletzt haben. Die Frau versuchte zu fliehen, doch vor der verschlossenen Wohnungstüre holte sie der Angreifer ein und würgte sie laut Anklage heftig.
Der Frau gelang schliesslich die Flucht durch ein Fenster. Die Polizei fand sie verletzt im Eingangsbereich des Wohnhauses in Bern-Bethlehem.
Gasflasche aufgedreht
Nach der Flucht der Frau hantierte der Afrikaner mit einer Gasflasche und zündete das ausströmende Gas an. Es kam zu einem Brand in der Wohnung. Mehrere Dutzend Bewohnerinnen und Bewohner wurden aus Sicherheitsgründen aus dem Wohnhaus evakuiert.
Er wisse nicht, was er sich damals dabei gedacht habe, sagte der Angeklagte vor Gericht. Aber: «Heute denke ich, dass ich mich verbrennen wollte.»
Wenig später sprang der mutmassliche Täter vom Balkon seiner Wohnung 15 Meter in die Tiefe, absichtlich neben das von der Feuerwehr bereitgehaltene Sprungtuch. Er wurde schwer verletzt.
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