Ein Mann, der im Raum Bern mehrere Frauen sexuell anging, ist am Freitag vom Gericht zu einer Freiheitsstrafe von 7,5 Jahren verurteilt worden. Die Strafe wird zugunsten einer stationären Therapie aufgeschoben.
Eine Gutachterin stellte beim Angeklagten eine schwere hypersexuelle Störung fest. Er selber bestritt dies vor Gericht. Er sei kein hoffnungsloser Fall, den man wegsperren müsse, sagte er über sich selber.
Ein hoffnungsloser Fall sei er nicht, räumte Gerichtspräsident Peter Müller am Freitag bei der Bekanntgabe des Urteils ein. Doch er habe noch "einen sehr langen Weg" vor sich, gab ihm Müller zu bedenken.
Eingeschliffene Verhaltensmuster
Ohne Therapie bestehe bei ihm eine grosse Rückfallgefahr. Die mit der Störung verbundenen Verhaltensmuster hätten sich über Jahre eingeschliffen und er neige dazu, sein Verhalten zu verharmlosen und zu beschönigen.
"Anerkennen Sie innerlich, dass sie an einer Störung leiden, und nutzen Sie die Chance, an sich zu arbeiten", forderte der Gerichtspräsident den 49-Jährigen auf. Gleichzeitig machte Müller aber auch klar: "Das wird Jahre dauern."
Das Regionalgericht Bern-Mittelland verurteilte den Angeklagten in zwei Fällen wegen versuchter qualifizierter Vergewaltigung und sexueller Nötigung. In einem dritten zur Anklage gebrachten Fall sprach ihn das Gericht mangels Beweisen frei.
Ebenfalls schuldig gesprochen wurde der Mann wegen Pornografie. Auf Datenträgern fanden die Ermittler bei ihm zahlreiche illegale Porno-Filme und Bildmaterial.
Freispruch mangels Beweisen
Zur Anklage gebracht wurden insgesamt drei Fälle. Ein erster Fall soll sich 2006 im Berner Mattequartier zugetragen haben. Ein Unbekannter verfolgte eine Frau, die damals als Teilnehmerin einer Fernsehshow gewisse Bekanntheit erlangt hatte, bis vor ihr Wohnhaus.
Dort drückte er sie an die Wand und versuchte, sie unsittlich zu berühren. Die Frau konnte den Angreifer mit Schreien und Schlägen in die Flucht schlagen.
In diesem Fall sprach das Gericht den Mann nach dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" frei. Die Aussagen der damals angegriffenen Frau bezweifelte Müller keinesfalls, wie er betonte.
Es gebe aber gewisse Zweifel, ob der Angreifer tatsächlich der Angeklagte war. So habe die Frau nach dem Vorfall der Polizei von einem 20- bis 25-jährigen jungen Mann mit braunen Augen berichtet. Der Angeklagte aber sei damals bereits 36 gewesen und habe blaue Augen.
Ein Alptraum
Ein zweites Mal schlug der Täter in der Silvesternacht 2011 zu. An einem finsteren, einsamen Ort in der Nähe des BEA-Geländes packte er eine zufällig vorbeigehende Jugendliche, die von einer Silvesterparty kam. Er bedrohte sie mit einem Messer und zwang sie, sich hinzuknien. Dann versuchte er, in sie einzudringen, was aber misslang. So nötigte er schliesslich das knapp dem Schutzalter entwachsene Mädchen zum Oralverkehr.
In ihrem Fall sah es das Gericht als erwiesen an, dass der Angeklagte die Frau vergewaltigen wollte. Zudem habe er die Frau sexuell genötigt.
Krokodilstränen
Der Angeklagte sagte vor Gericht er habe die Frau nicht vergewaltigen können, weil sie ihn angefleht habe, es nicht zu tun. "Ich bin kein gewalttätiger Mensch", sagte er.
Diese Krokodilstränen nahm ihm das Gericht nicht ab. Von Mitleid keine Spur: Dass es nicht zur Vergewaltigung gekommen sei, sei einzig seiner mangelnden Erektion zuzuschreiben, führte Müller aus.
Der Angeklagte habe eine starke Tendenz, das brutale Geschehen zu verharmlosen. Nachts an einem einsamen, finsteren Ort von einem Mann sexuell angegangen zu werden, sei schlicht "ein Alptraum für jede Frau", betonte der Gerichtspräsident.
Ein weiteres Mal schlug der Angeklagte 2017 im Berner Bremgartenwald zu. Dort fiel er eine junge Frau an, die allein unterwegs war. Er hatte ein Messer dabei und warf die Frau zu Boden und würgte sie.
Die Frau schrie und konnte so einen Radfahrer auf sich aufmerksam machen, der ihr zu Hilfe eilte. Auch hier ging das Gericht von einer versuchten qualifizierten Vergewaltigung aus.
Mit der ausgefällten Strafe von 90 Monaten lag das Gericht am Freitag nur wenig unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft von 95 Monaten Freiheitsstrafe. Die Verteidigung hatte auf 52 Monate plädiert. Das Urteil kann noch weitergezogen werden.
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