Rassismus Unbekannte übermalen «rassistisches» Wandbild in Berner Schulhaus

SDA

16.6.2020 - 16:21

Unbekannte haben Teile eines umstrittenen Wandbildes in einem Berner Schulhaus mit schwarzer Farbe übermalt. Sie kritisieren damit den «heuchlerischen» Umgang der Stadt Bern mit dem Kulturerbe aus der Kolonialzeit.

Das Wandbild der Künstler Eugen Jordi (1894-1983) und Emil Zbinden (1908-1991) prangt seit 1949 im Schulhaus Wylergut. Es zeigt ein Alphabet, das die Buchstabenfolge mit Tierbildern, einzelnen Pflanzen und Artefakten, aber auch mit drei stereotyp dargestellten Menschen aus Afrika, Asien und Amerika illustriert.

Die Stadt Bern hatte im Herbst 2019 einen Ideenwettbewerb lanciert, die das Kulturerbe aus der Kolonialzeit «kritisch und zeitgemäss» einordnen solle. Das Siegerprojekt sollte dieses Jahr realisiert werden.

Nun haben Unbekannte die drei Buchstaben N, I und C übermalt, wie aus einem Bekennerschreiben hervorgeht, das der «Bund» am Dienstag publik machte und der Nachrichtenagentur Keystone-sda vorliegt.

Die Gruppe stört sich daran, dass die Stadt Bern das Wandbild nicht «wegmacht». Der Wettbewerb sei eine «Schein-Auseinandersetzung» mit der «rassistischen und kolonialen Vergangenheit der Schweiz». Historische Relikte und Denkmalschutz würden höher gewertet als «institutionelle und alltägliche Rassismen», heisst es im Bekennerschreiben weiter.

Das Sgraffito der in ihrer Zeit sozial engagierten Künstler Jordi und Zbinden gehört zur originalen Ausstattung des Schulhauses Wylergut und ist denkmalpflegerisch als «erhaltenswert» eingestuft.

Aktion wird in Wettbewerb integriert

Der Informationsdienst der Stadt Bern gab am Dienstag auf Anfrage bekannt, wie mit den übermalten Stellen umzugehen sei, werde nun parallel mit dem Entscheid über deren inhaltliche künstlerische Aufarbeitung geklärt.

Im Rahmen des Ideenwettbewerbs seien 25 Bewerbungen interdisziplinärer Teams eingegangen, welchen jeweils eine Ideenskizze für den Umgang mit dem Wandbild beilag.

«Von den 25 Vorschlägen skizzierte einer die Entfernung des Wandbildes und dessen Transport in ein Museum und ein anderer dessen physische Beschädigung», schreibt der Informationsdienst. «Die 23 weiteren Vorschläge wollten das Wandbild in seiner Substanz an Ort und Stelle erhalten, in unterschiedlicher Weise modifiziert, kontextualisiert, transformiert und kommentiert.»

Von daher sei davon auszugehen, dass in der Fachwelt die Entfernung des Wandbilds eine wichtige, aber nicht die einzige Option für einen Umgang damit darstelle. Der Juryentscheid fällt voraussichtlich im Herbst; die Jury stellt danach einen Antrag auf Umsetzung bei der Kommission für Kunst im öffentlichen Raum.

Zurück zur Startseite