Baudenkmal Vom «architektonischen Monstrum» zur Perle am Thunersee

SDA

23.5.2019 - 11:50

Am Aareausfluss aus dem Thunersee steht ein Lustschlösschen. Einst als «architektonisches Monstrum» verschrien, gehört Schloss Schadau heute zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten Thuns. Nun wurde das Schloss renoviert.

Am ersten Juni-Wochenende kann sich die Bevölkerung ein Bild der umfangreichen, zusammen mit der Denkmalpflege vorgenommenen Renovation machen. Schloss Schadau lädt zum Tag der Offenen Tür.

Das Schloss kam 1925 in den Besitz der Stadt Thun. Seit Jahrzehnten beherbergt das von einem englischen Park umgebene Schlösschen einen Restaurationsbetrieb.

Neu auch ein Hotel

Das bleibt auch in Zukunft so. Mehr noch: Im Zug der Sanierung wurden im Obergeschoss neun Zimmer eingerichtet, so dass das Haus nun auch ein Dreistern-Hotel ist. Die Gastronomie richtet sich bewusst an ein breites Publikum, was sich auch in der Menukarte niederschlägt.

Betriebsleiter Roger Lehmann will eine Küche, bei der regionale Produkte im Vordergrund stehen: «eine grundehrliche Küche, statt elitärer Gourmet-Cuisine», wie er sagt.

Schloss Schadau wurde vor dem Umbau als Restaurant der gehobenen Klasse erfolgreich geführt. Selbstverständlich waren auch die vielen Spaziergänger im Park als Gäste willkommen. Doch viele Thuner wurden trotzdem nie so recht warm mit dem gehobenen Ambiente und manche getrauten sich nicht so recht, sich nur für ein «Kafi» an die eleganten Tische zu setzen.

Mit dem 9,9 Mio. Franken teuren Umbau wurde nicht nur denkmalpflegerischen Aspekten Rechnung getragen, sondern auch modernen Betriebsabläufen der Gastronomie. Wie bisher kann das Schloss auch für Feiern und Anlässe gebucht werden.

Vom Landgut zum Lustschlösschen

Seit dem Mittelalter befand sich am Aareausfluss aus dem Thunersee ein Landgut. 1348 wurde es erstmals erwähnt, als Johann von Strättligen es «durch sunderlich liebi und fruntschaft» seinem Schwiegersohn Ulrich von Bubenberg als Lehen übergab. Dies geht aus der Zeitschrift «unsere Kunstdenkmäler: Mitteilungsblatt für die Mitglieder der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte» aus dem Jahr 1972 hervor.

In den folgenden Jahrhunderten besassen verschiedene Berner Patrizierfamilien das Gut. Während des 30-jährigen Kriegs wurde das alte Haus durch einen Neubau ersetzt, ein kleines Landschlösschen. Als der Fluss Kander zu Beginn des 18. Jahrhunderts in den Thunersee umgeleitet wurde, nahm das Schlösschen durch den erhöhten Wasserstand erheblichen Schaden.

1837 kaufte die vornehme Neuenburger Familie de Rougemont das Anwesen. Denis Alfred de Rougemont-de Pourtalès machte sich daran, das Areal umzugestalten und ein neues Schloss zu bauen. Als Vorbilder dienten unter anderem die Loire-Schlösser in Frankreich. Gebaut wurde von 1846 bis 1854.

Noch nicht einmal fertiggestellt, wurde der Schlossbau aufs heftigste kritisiert. Der Bau sei ein «architektonisches Monstrum. Eine noch nicht einmal vollendete architektonische Missgeburt, ein wahrhaft Widerwillen erregendes Phantasiegebilde», stand im «Intelligenzblatt für die Stadt Bern» vom 29. August 1849.

«Nirgends eine Spur von Symmetrie», sondern nur «ein Quodlibet, welches selbst den verrufenen Roccoco-Styl noch als annehmlich erscheinen liesse», so die Kritik.

Rauschende Roben und Romantik

Doch wenige Jahre später hatten sich die Moden gewandelt. Es war die Zeit der rauschenden Roben und goldbetressten Uniformen. So gefiel denn auch plötzlich das verspielte Schlösschen am See mit seinen Türmchen, Giebelchen und allerhand Verzierungen.

«Die Schadau ist eine von Menschenhand geschaffene Perle, gefügt in das Diadem der Alpenlandschaft, das die Natur hier in fröhlichster Stunde geschaffen», schrieb Abraham Roth 1873 in seinem Buch «Thun und Umgebungen».

Nach einem halben Jahrhundert verblasste jedoch der vornehme Glanz und das Schloss stand geraume Zeit leer. 1925 kam es in die Hände der Stadt Thun. In den oberen Räumen organisierte die Kunstgesellschaft Thun eine Kunstausstellung. Die Parterreräume wurden dem gemeinnützigen Frauenverein für ein alkoholfreies Restaurant verpachtet.

Später mauserte sich die Schadau zu einem weit herum bekannten Gourmet-Restaurant.

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