Ypsomed steht mitten in einer Transformation. Nach dem Wegfall des Vertriebs der Patch-Pumpe Omnipod des US-Partners Insulet will die Medizinaltechnikfirma mit der eigens entwickelten Insulinpumpe Ypsopump sowie der Lancierung neuer Pens und Autoinjektoren zur Verabreichung von Medikamenten wachsen.
«Ypsomed startet ohne Omnipod in eine neue Ära», sagte Firmenchef Simon Michel am Donnerstag an der Bilanzmedienkonferenz in Burgdorf. Man wolle wachsen und das Betriebsergebnis EBIT mittelfristig auf über 100 Millionen Franken führen.
Damit setzt der Sohn des Firmengründers und Verwaltungsratspräsidenten Willy Michel die Latte hoch. Blickt man nur auf die Geschäfte, die Ypsomed in Zukunft fortführen wird, dann beginnt die Reise bei 353 Millionen Franken (Umsatz) beziehungsweise 11,4 Millionen (EBIT). Das Betriebsergebnis soll sich also in den nächsten Jahren beinahe verzehnfachen.
Das Fernziel will Michel mit dem Verkauf neuer Produkte, dem Erschliessen von Märkten und der strikten Kontrolle der Kosten erreichen. Im laufenden Jahr rechnet er mit einem Umsatzwachstum im fortgeführten Geschäft von 18 Prozent und einem EBIT im Bereich von 25 bis 30 Millionen.
Derzeit eher ungünstige Währungseinflüsse und die mit Unsicherheiten verbundenen Produktlancierungen führten zu der vorsichtigeren Annahme, hiess es.
Roll-Out in Kanada
Doch mit der Geschäftsentwicklung soll es von nun an steil nach oben gehen. Entscheidend dabei wird sein, wie gut sich die vor Jahresfrist eingeführte Ypsopump in den mittlerweile 20 Märkten verkaufen lässt. Das Roll-Out in Europa sei gut angelaufen, sagte Michel. Bereits gut 10'000 Diabetes-Patienten bestreiten ihren Alltag mit dieser Pumpe mit Schlauch. Bis in einem Jahr soll sich die Zahl verdoppeln.
Dazu werde der Markteintritt in Kanada, wo die Pumpe seit rund einer Woche zugelassen ist, einen Beitrag leisten, sagte Michel. Das Land zählt im Bereich Insulinpumpen zu den Top-5-Märkten. Die Vertriebsorganisation sei für den Start bereit und werde von einem ausgewiesenen Experten angeführt, den man von einem Konkurrenten abwerben konnte.
Verzögerung in den USA
Einen Rückschlag gilt es, im weltweit wichtigsten Diabetes-Markt USA zu bewältigen. Da Ypsomed eine zulassungsrelevante Teilstudie nachreichen muss, dürfte die Ypsopump in den USA frühestens in einem Jahr auf den Markt kommen. «Das gibt uns genügend Zeit, um uns auf den Start vorzubereiten und das Geschäft in Europa voranzutreiben», bleibt Michel optimistisch.
Den Vertrieb im fragmentierten und auch von regulatorischen Risiken durchsetzten US-Markt will Ypsomed in einem ersten Schritt vor allem über Diabetes-Fachhändler angehen. Danach werde man einen eigenen Fachhandel auf die Beine stellen, um die Pumpe mit besseren Margen in den USA zu verkaufen.
Ypsomed wächst nicht nur mit dem Pumpengeschäft, Potenzial bietet auch die Lancierung neuer Pens und Autoinjektoren. Erstere werden vor allem für das einfache Verabreichen von Insulin angewendet, letztere kommen für die gut gesteuerte Einnahme teils teurer Medikamente zum Einsatz.
Für den Autoinjektor Ypsomate gewann Ypsomed zuletzt mit Teva den zweiten Kunden. Mit dem Gerät werden künftig MS-Patienten das Medikament Copaxone sich selber spritzen. «Wir haben eine Reihe weiterer Projekte in der Pipeline. In diesem Jahr dürften fünf davon zum Abschluss kommen», sagte Michel. Bei den Pens stünden ebenso viele Projekte vor dem Abschluss.
Ausbau der Produktion
Um das Wachstum bewältigen zu können, investiert Ypsomed in die Produktion. Im vergangenen Jahr wurden die Investitionen in Sachanlagen auf 107 Millionen Franken verdoppelt. Knapp die Hälfte davon floss in den Bau einer Fabrik im deutschen Schwerin, wo ab August vor allem Teile der Ypsopump hergestellt werden.
Doch auch in der Schweiz wird ausgebaut. In Burgdorf wurden 21 Millionen Franken in den Bau eines Labors, den Werkzeugbau und in neue Büros gesteckt, in Solothurn 38 Millionen unter anderem in den Ausbau der Pen-Produktion. Da das Berner Stimmvolk letzten November eine Vorlage mit tieferen Gewinnsteuern im Kanton bachab schickte, habe Solothurn für künftige Investitionen der Gruppe bessere Karten, so Michel.
Die zuletzt angekündigte Verlagerung von Personal von Burgdorf nach Solothurn sei jedoch primär auf Kapazitätsengpässe am Standort Burgdorf zurückzuführen, fügte er an. Rund 110 Arbeitsplätze sollen nach Solothurn verschoben werden, so der Plan. Zudem kommen in Solothurn mit dem Ausbau der Insulinpen-Produktion weitere 40 neue Vollzeitstellen hinzu.
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