Jetzt ist die Sache geklärt: Die Verkehrsbetriebe Luzern AG (VBL) zahlt dem Verkehrsverbund Luzern (VVL) zu viel bezogene Abgeltungen in der Höhe von rund 16 Millionen Franken zurück. Für die VBL-Verantwortlichen ist dieser Schritt aber kein Schuldbekenntnis. Sie betonen, nach «Treu und Glauben» gehandelt zu haben.
Sie seien davon ausgegangen, dass die mit der Holding-Struktur verbundene Verrechnungspraxis, welche auch vom Bundesamt für Verkehr (BAV) 2012 geprüft worden sei, rechtens war, teilte die VBL am Montag mit.
Kurz davor hatte der VVL eine Medienmitteilung verschickt, worin er betonte, an den Forderungen in der Höhe von 16,1 Millionen Franken festzuhalten und überzeugt zu sein, den Fall bis Ende Mai aufgearbeitet zu haben.
So lange musste der VVL aber gar nicht warten. Es steht fest: Der VBL Verwaltungsrat entschied auf Antrag der Geschäftsleitung, dem VVL einmalig rund 16 Millionen Franken zurückzuzahlen. Er habe die Stadt als Eignerin vorgängig darüber informiert und werde der Generalversammlung die Zustimmung beantragen, heisst es in der Medienmitteilung.
Bezüglich der genauen Höhe bestehe laut dem VVL noch Abklärungsbedarf. «Die Rückzahlung wird, abzüglich des Anteils des Bundes und vorbehältlich des Entschlusses des Verbundrats, vom VVL hälftig an den Kanton und die Gemeinden weitergeleitet», schreibt der Verkehrsverbund Luzern.
Treffen im Februar
Die VBL soll nicht mit den effektiven Kosten gerechnet, sondern innerhalb ihrer Holding auch kalkulatorische Zinsen miteinbezogen haben. Aus diesem Grund ging der Verbundrat der VVL Anfang Februar mit einer Forderung von 16 Millionen Franken auf die Verantwortlichen der VBL zu. Daraufhin entschieden sich die beiden Parteien für ein Treffen, wobei man sich einigte, die Höhe der Abgeltungen für die Jahre 2010 bis 2017 nochmals zu prüfen.
Diese Sachlage hatte «Blick.ch» anfangs März publik gemacht – am selben Tag, als das Bundesamt für Verkehr informierte, dass die BLS und die SBB zu hohe Subventionen bezogen hätten.
Erst drei Tage später nahm die VBL-Spitze zu diesen Forderungen Stellung. Die Verantwortlichen betonten der Medienkonferenz vor einer Woche, dass sie keine «dolosen Buchungen» getätigt hätten, und die öffentlich gewordenen Forderungen des VVL auch hinterfragen würden.
Nun aber hat sich das Blatt gewendet: Auch um eine rechtliche Auseinandersetzung zu vermeiden, entschied sich die VBL für die Zahlung, wie sie in der Medienmitteilung schreibt. Damit solle das gute Einvernehmen mit dem VVL gewahrt werden.
Der Entscheid des Verwaltungsrats sei durch den Umstand erleichtert, dass sich für das Geschäftsjahr 2019 konzernweit ein überdurchschnittlich gutes Ergebnis von mehreren Millionen Franken Gewinn abzeichne.
Für die Zahlung sei in der Jahresrechnung eine Rückstellung in der Höhe der Forderung von 16 Millionen Franken gemacht worden. Die stillen Reserven reduzierten sich dadurch auf rund 33 Millionen Franken. Die VBL werde für die Zahlung an den VVL einen Kredit aufnehmen müssen, heisst es.
Neue Rechnungslegung
Weiter wird die VBL die Rechnungslegung umstellen, um für die zukünftige Zusammenarbeit mit allen Beteiligten mehr Transparenz zu schaffe. Im Rahmen dieser Umstellung würden die stillen Reserve aufgelöst.
Der VVL veröffentlichte am Montag zwei Berichte. Einen vom Bundesamt für Verkehr aus dem Jahr 2012. Damals wandte sich der VVL an das BAV und verlangte eine Überprüfung der Holdingstruktur der VBL sowie die Abrechnungsgrundsätze von Leistungen auf ihre Rechtmässigkeit.
Und einen von 2019, in dem die VBL-Rechnungsabschlüsse zwischen 2009 und 2017 extern untersucht wurden. Aus Gründen der Unabhängigkeit habe der VVL-Verbundrat ein ausserkantonales Wirtschaftprüfungs- und Beratungsunternehmen mit der Analyse der VBL-Rechnungsabschlüsse beauftragt, schreibt dieser in einer Medienmitteilung. Dieser Bericht zeigt die Herleitung der Forderungen.
Die VBL-Verantwortlichen seien überzeugt, auch mit diesen Massnahmen und der verstärkten Transparenz die Basis für eine «eine gute Zusammenarbeit» auch in der Zukunft gelegt zu haben, hält die VBL fest.
Stadtrat fordert «lückenlos Aufklärung»
Der Stadtrat nahm Kenntnis von der Mitteilung der VBL, dem VVL rund 16 Millionen Franken zurückzuzahlen. Er erwarte eine vollumfängliche Transparenz und eine lückenlose Aufklärung sowie eine tragfähige Lösung für eine zukünftige gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit, schrieb er in einer Medienmitteilung.
Wie bei allen bisherigen Informationen der VBL kläre er zuerst die Fakten, berücksichtige hängige Vorstösse im Grossen Stadtrat, entscheide im Rahmen der Stadtratssitzungen und kommuniziere dann zu gegebener Zeit, heisst es weiter. Der Stadtrat bittet alle direkt und indirekt Beteiligten, einen Beitrag zu einem «konstruktiv kritischen Dialog» zu leisten. Es sie nicht Aufgabe des Stadtrats, öffentlich über Spekulationen zu debattieren, sondern Entscheide dann zu treffen, wenn die Fakten auf dem Tisch lägen.
Am vergangenen Freitag meldete sich bereits die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Luzerner Grossen Stadtrats zu Wort. Sie will Auskunft zu den umstrittenen Subventionen und führt deswegen eine ausserordentliche Sitzung durch.
Eine unabhängige und verwaltungsexterne Untersuchung der Affäre fordert die SP der Stadt Luzern. Die Partei wirft VBL, VVL und dem Stadtrat vor, sich bislang wenig darum bemüht zu haben, Licht ins Dunkel zu bringen. Fast alle Mitglieder der Stadtregierung seien in irgend einer Weise in den Fall involviert.
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