Prozess Türsteher will Freispruch nach Wirbel-Bruch von Bar-Besucher

SDA

13.9.2019 - 16:19

Ein Luzerner Türsteher stand wegen der Verletzung eines Barbesuchers vor Gericht. (Symbolbild)
Ein Luzerner Türsteher stand wegen der Verletzung eines Barbesuchers vor Gericht. (Symbolbild)
Source: KEYSTONE/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Nach einem Streit mit dem Türsteher einer Luzerner Bar ist ein Gast mit Rückenmarksverletzungen im Spital gelandet. Das Kriminalgericht setzte sich am Freitag mit der Frage auseinander, wie er sich diese zuzog. Der Türsteher war wegen Körperverletzung angeklagt.

Die Ausgangslage war typisch für Ausgänger: Zwei Türsteher hatten es in jener Mai-Nacht 2014 mit einem alkoholisierten und bekifften Gast zu tun, der sich aggressiv verhielt. Oder um es mit den Worten des angeklagten Türstehers zu sagen: «Der Probleme machte».

Untypisch war indes der Ausgang des Vorfalls: Es kam zu einer handfesten Auseinandersetzung zwischen dem heute 46-jährigen Türsteher und dem 34-jährigen Bar-Gast. Laut den Aussagen der beiden anwesenden Sicherheitsleute ging Letzterer mit einer Flasche auf den Beschuldigten los.

Der Türsteher setzte Pfefferspray ein, packte den Gast, führte ihn zu Boden und fixierte dessen Arme hinter dem Rücken. Als sich der Mann nicht mehr bewegte, liess er ihn liegen. Die später gerufene Polizei nahm den Gast zur Ausnüchterung mit. In der Folge kam er ins Spital, wo er notfallmässig operiert wurde. Diagnose: Halswirbelbruch.

Befugnisse überschritten

Der Mann erlitt eine inkomplette rechtsseitige Tetraplegie, kann heute aber wieder gehen. Die Verletzung ist Fakt, wie er sich diese zugezogen hat, darüber gehen die Meinungen auseinander. Für den Verteidiger des Privatklägers und die Staatsanwältin ist der Türsteher schuld daran.

Der 120-Kilo-Mann habe mit zu viel Gewalt und zu viel Energie auf das Opfer eingewirkt, das Verletzungsbild stimme mit dem geschilderten Hergang überein. Eine solche Verletzung sei durch Druck gegen die Halswirbelsäule von hinten mit Rotation des Kopfes zu erklären.

Die Staatsanwältin plädierte auf eventualvorsätzliche schwere Körperverletzung und Unterlassen der Nothilfe. Sie forderte drei Jahre Gefängnis, wovon der Angeklagte ein Jahr absitzen soll. Falls das Gericht ein fahrlässiges Handeln bejahen würde, wäre das Strafmass erheblich zu reduzieren.

Polizisten im Visier

Anders sah das der Verteidiger. Wenn das Gericht nicht «bombensicher» sei, dass der Türsteher dem Gast den Hals gebrochen habe, gebe es nichts anderes als einen Freispruch. Und erwiesen sei das eben nicht. Der Bruch, sagte er, dürfte zu einem späteren Zeitpunkt passiert sein, namentlich als die Polizei das Opfer in ihr Fahrzeug brachte.

Sowohl der Verletzte als auch die beiden Sicherheitsleute sagten vor Gericht aus, dass die gerufenen Einsatzkräfte nicht eben zimperlich vorgingen. Wie eine Puppe hätten sie ihn ins Auto bugsiert, sagte der Betroffene selber. Wie eine Kuh oder wie einen Kartoffelsack, nannten es die Türsteher.

Als Indiz für seine Theorie und gegen den Vorwurf der unterlassenen Nothilfe führte der Verteidiger auf, dass die vier Polizisten, die den Gast von früheren Einsätzen her kannten, beim Eintreffen keinen Hinweis auf eine Verletzung oder Lähmung feststellten. Wenn schon, wären sie der unterlassenen Nothilfe zu bezichtigen, sagte er.

Pfefferspray

Dass sich das Opfer plötzlich nicht mehr bewegte, als es vom Türsteher zu Boden gebracht wurde, führte der Verteidiger auf den Alkohol zurück. 1,5 Promille hatte der Mann intus. «Wenn man dann einmal am Boden liegt, steht man nicht mehr auf.»

Die Gegenseite nahm die plötzliche Regungslosigkeit dagegen als Beweis dafür, dass die Aktion des Türstehers die Lähmung verursachte. Der Angeklagte könne nicht plausibel erklären, wieso das Opfer am Boden liegen blieb, nachdem es auch noch Pfefferspray abbekommen hatte. «Da bleibt keiner liegen», sagte der Anwalt.

Der Beschuldigte sagte, er habe seinen Job gemacht. Neben seiner Arbeit als Lastwagenfahrer sei er zwölf Jahre in dem Club Türsteher gewesen, auch nach dem Vorfall. Als er von der Verletzung des Gastes gehört habe, sei er sehr erschrocken, es tue ihm leid. Umso mehr habe er sich gefreut, als er den Mann wieder laufen und Velofahren gesehen habe. Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich eröffnet.

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