ProzessWährend Fussballmatch ausgerastet und Ehefrau gewürgt
SDA
15.1.2020 - 16:16
Weil er seine Frau gewürgt hatte, ist ein 75-jähriger Mann vom Luzerner Kriminalgericht der versuchten vorsätzlichen Tötung schuldig gesprochen worden. Die Freiheitsstrafe von 4,5 Jahren wird zu Gunsten einer ambulanten therapeutischen Massnahme aufgeschoben.
Das Gericht sprach am Mittwoch den Mann zudem der einfachen Körperverletzung schuldig und sanktionierte diesen mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 130 Franken (7800 Franken).
Das Urteil ist rechtskräftig. Der Beschuldigte hatte die Anklage und die beantragte Strafe akzeptiert, so dass der Prozess im abgekürzten Verfahren abgewickelt werden konnte. Mit Ausnahme der akkreditierten Journalisten war die Öffentlichkeit vom Prozess ausgeschlossen worden.
Der Mann würgte seine Frau während der Fussballweltmeisterschaft 2018. Er schaute sich zunächst beim Bahnhof Luzern im Rahmen eines Public Viewings einen Match an und konsumierte dabei Weisswein und Bier.
Südamerikanisches Theater
Danach schaute der Beschuldigte in seinem Schlafzimmer mit seiner Frau im TV ein weiteres Spiel, eines zwischen Brasilien und Belgien, an. Dabei ärgerte er sich über den brasilianischen Fussballer Neymar und das «typische südamerikanische Theaterspielen», wie es in der Anklageschrift heisst. Er nahm damit auch Bezug auf seine aus der Dominikanischen Republik stammende Schwiegertochter, wegen der er sich an jenem Tag bereits einmal mit seiner Ehefrau gestritten hatte.
Um die Situation zu entschärfen, verliess die Gattin das Schlafzimmer, doch der Beschuldigte folgte ihr, schlug sie und riss sie an den Haaren. Schliesslich drückte er ihr in der Küche während mindestens 20 Sekunden beide Daumen auf den Kehlkopf. Erst das Eingreifen der Tochter, die in einer Nachbarswohnung lebte, beendete die Gewalttat. Danach schaute der Beschuldigte den WM-Match zu Ende.
Durch das Würgen habe der Beschuldigte seine Gattin unmittelbar in Lebensgefahr gebracht, schreibt die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift. Er habe damit in Kauf genommen, sie zu töten.
Vermeidbare Tat
Die Staatsanwaltschaft anerkennt zwar, dass das Verhalten des Mannes die Folge eines jahrelangen Familienkonflikts war. Sie kommt aber auch zum Schluss, dass er den Streit hätte verhindern können.
Dem Beschuldigten wird eine im mittleren Grad verminderte Schuldfähigkeit zugestanden. Grund dafür ist eine «Störung aus dem schizophrenen Formenkreis». Zusammen mit dem Alkohol und den emotionalen Gesprächen habe die Erkrankung zu dem Kontrollverlust geführt, heisst es in der Anklageschrift.
Der Beschuldigte bereute vor dem Kriminalgericht seine Tat. Es sei ihm leider passiert, er sei sich nicht bewusst gewesen, was er tue. Eine Depression und der Alkoholkonsum hätten aus ihm einen anderen Menschen gemacht.
Neymar sei der Funke gewesen, es habe nicht mehr viel gebraucht, dass er explodiert sei, sagte der Mann. Die Grundlage seiner Tat sei seine Überforderung gewesen und seine jahrzehntelangen unbewältigten Probleme.
Zum Sündenbock gemacht
Der Beschuldigte sagte auch, er habe seine Frau nicht umbringen wollen. Sie sei für ihn der Sündenbock gewesen für all die Schwierigkeiten, die er im Leben gehabt habe. Für seine Zukunft wünsche er sich, dass er wieder etwas mit seiner Frau aufbauen könne.
Der Beschuldigte war zunächst in Untersuchungshaft, dann wurde als Ersatzmassnahme eine Therapie angeordnet. Zur Zeit lebt er in einer eigenen Wohnung.
Die Therapie wird gemäss Urteil fortgesetzt und die Freiheitsstrafe deswegen aufgeschoben. Dies wird damit begründet, dass Stress während des Strafvollzugs Krankheitsschübe auslösen könnte, die den Erfolg der Massnahme gefährden. Während der Behandlungszeit darf der Mann zudem keinen Alkohol trinken.
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