Bundesgericht Aargauer Apotheker mit Beschwerde vor Bundesgericht erfolgreich

ga, sda

27.8.2021 - 15:04

Das Bundesgericht hat die Beschwerde eines Aargauer Apothekers gegen die Regelung zum Notfalldienst gutgeheissen. (Symbolbild)
Das Bundesgericht hat die Beschwerde eines Aargauer Apothekers gegen die Regelung zum Notfalldienst gutgeheissen. (Symbolbild)
Keystone

Das Bundesgericht hat die Beschwerde eines Aargauer Apothekers im Zusammenhang mit der Regelung des Notfalldienstes gutgeheissen. Der Apotheker kann laut Bundesgericht nicht dazu verpflichtet werden, sich entweder finanziell an der zentralen Notfallapotheke im Kantonsspital Aarau zu beteiligen oder eine Ersatzabgabe zu zahlen.

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Die fragliche Regelung sei mit Blick auf mehrere Grundrechte sowie auf die bundesrechtliche Norm zur «Mitwirkung in Notfalldiensten» von Apothekerinnen und Apothekern nicht zulässig, teilte das Bundesgericht in Lausanne nach einer öffentlichen Beratung am Freitag mit.

Gemäss dem Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe (MedBG) wirkten unter anderem Apothekerinnen und Apotheker nach Massgabe der kantonalen Vorschriften in Notfalldiensten mit. Das Gesundheitsgesetz des Kantons Aargau sehe Notfalldienst für Apotheker vor und überlasse dem Apothekerverband dessen Organisation.

Das Notfalldienstreglement des Apothekerverbandes enthält die Möglichkeit einer eingeschränkten Wahl zwischen der Beteiligung an einer zentralen Notfallapotheke oder der Bezahlung einer Ersatzabgabe. Dieses System steht gemäss Bundesgericht zunächst im Widerspruch zu der in der Bundesverfassung verankerten Vereinigungsfreiheit und zur Wirtschaftsfreiheit.

System unverhältnismässig

Eine Zwangsmitgliedschaft in einer AG könne nicht als erforderlich zur Regelung von Notfalldienst erachtet werden. Mit Blick auf die Wirtschaftsfreiheit sei ein solches System unverhältnismässig. Davon abgesehen müssten diese Grundrechtseinschränkungen ohnehin in einem formellen Gesetz geregelt werden und nicht auf Stufe eines Reglements.

Sodann verstosse die Regelung gegen übergeordnetes Recht. Eine Auslegung ergebe, dass es hinsichtlich der Bestimmung zum Notfalldienst im MedBG nicht zulässig sei, die persönliche Leistung von Notfalldienst durch rein finanzielle Verpflichtungen zu ersetzen.

Im Aargau mit Beschwerden unterlegen

Der Aargauische Apothekerverband hatte 2015 ein Reglement über den Apotheken-Notfalldienst erlassen. Jede Apotheke wurde einer Notfalldienstregion zugewiesen. In den Notfalldienstregionen Aarau, Lenzburg sowie Suhren- und unteres Wynental gründeten die betroffenen Apotheken die «Apotheke im Spital Aarau AG» (AISA AG).

Seit dem 1. Juli 2017 betreibt die AISA AG eine Apotheke auf dem Areal des Kantonsspitals Aarau, die den Notfallkunden das ganze Jahr rund um die Uhr zur Verfügung steht.

Der Besitzer einer Apotheke in der Notfallregion Aarau wurde 2016 und 2017 vom Apothekerverband aufgefordert, sich entweder an der AISA AG zu beteiligen (einmaliger Aktienerwerb für 11'000 Franken und Gewährung eines Aktionärsdarlehens von 20'000 Franken) oder sich vom Notfalldienst dispensieren zu lassen und eine Ersatzabgabe zu zahlen.

Nachdem der Apotheker darauf nicht eingegangen war, auferlegte ihm der Apothekerverband eine Ersatzabgabe von 5000 Franken für das zweite Halbjahr 2017. Beschwerden des Apothekers an den Regierungsrat und das kantonale Verwaltungsgericht blieben erfolglos. Vor dem Bundesgericht erhielt der Apotheker nun recht. (2C_595/2020, Urteil vom 27.08.2021)