SVP-Forderung abgelehntAargauer Regierung sieht Gefahr der Zwangsarbeit für Asylsuchende
sda/tgab
28.8.2023 - 12:39
Der Aargauer Regierungsrat lehnt die von der SVP im Parlament geforderten kantonalen Beschäftigungsprogramme für alle Asylsuchenden als rechtlich nicht zulässig und praktisch nicht umsetzbar ab.
28.08.2023, 12:39
28.08.2023, 16:40
SDA
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Die SVP fordert per Motion im Parlament kantonale Beschäftigungsprogramme für alle Asylsuchenden.
Der Aargauer Regierungsrat lehnt das ab.
Die Gründe: schwierige rechtliche Abgrenzung zum Arbeitszwang, drohende Konkurrenz zum Arbeitsmarkt, personeller Aufwand, hohe Kosten.
Das Völker- und Bundesrecht sowie Bestimmungen des Arbeitsmarkts und des Lohnschutzes stehen laut Aargauer Regierung der SVP-Forderung nach kantonalen Beschäftigungsprogrammen für alle Asylsuchenden entgegen.
Eine konsequente Umsetzung der SVP-Motion sei auch in praktischer Hinsicht kaum möglich, schreibt der Regierungsrat in einer sieben Seiten zählenden Stellungnahme. So dürfte es schwierig sein, genügend Programme zu schaffen, welche die rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich Arbeitsmarkt und Lohnschutz erfüllten.
Zudem wäre die Umsetzung laut Regierungsrat mit einem hohen personellen Aufwand und damit auch mit hohen Kosten verbunden. Daher seien solche kantonalen Beschäftigungsprogramme «nicht zweckmässig».
Diese könnten nicht optimal auf die kommunalen Bedürfnisse ausgerichtet werden. Diese Programme müssten zudem so gestaltet werden, dass sie den Arbeitsmarkt, also das Gewerbe, nicht konkurrenzierten.
Der Regierungsrat weist zudem auf die Möglichkeit eines Verstosses gegen die Europäische Menschenrechtskonvention hin, in der ein Arbeitszwang verboten ist.
Abgrenzung zu Zwangsarbeit schwierig
«Die Abgrenzung der geforderten Beschäftigungsprogramme zur verbotenen Zwangsarbeit ist umso schwieriger, als dass die Programme Vollzeit besucht werden sollten, entschädigungslos auszugestalten wären», heisst es in der Stellungnahme. Ein dauerhafter Ausstieg wäre aufgrund der angedrohten Sanktionierung kaum möglich, ohne in der Existenz bedroht zu werden.
Diese Herausforderung gelte umso mehr für ausreisepflichtige Personen, die Nothilfe erhielten und damit bereits lediglich einen Anspruch auf die Deckung des untersten Existenzminimums hätten. Auch sei ein Konflikt mit dem in der Bundesverfassung verankerten Grundrecht auf Menschenwürde nicht auszuschliessen.
Integration in den Arbeitsmarkt zielführender
Der effizienteste und kostengünstigste Weg im Asylwesen bestehe darin, die Personen des Asyl- und Flüchtlingsbereichs, welche längerfristig in der Schweiz verblieben, nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren, heisst es in der Stellungnahme weiter.
Der vom Bund und den Kantonen eingeschlagene Weg mit Fokus auf Sprachkursen und Bildungsmassnahmen sei zielführender als die Verpflichtung zu Beschäftigungsprogrammen. Von einer nachhaltigen Arbeitsmarktintegration profitiert aufgrund der zusätzlichen Arbeitskräfte auch die Wirtschaft.
Grosse Logistik notwendig
Der Regierungsrat geht davon aus, dass der Kanton und die Gemeinden bei einem Zwang zu Beschäftigungsprogrammen für alle Personen im Asylbereich rund 5200 Programme angeboten werden müssten. Allein für die Begleitung wären demnach 69 Vollzeitstellen notwendig. Die Hälfte könnten Zivildienstleistende abdecken.
In diesen Stellenprozenten ist der Zusatzaufwand, der bei den Betreuungspersonen in den kantonalen und je nach Umsetzung auch in den kommunalen Asylunterkünften anfallen würde, noch nicht enthalten, wie es weiter heisst. Gleiches gelte für den Aufwand, der beim Kanton und bei den Gemeinden für die Schaffung und Administration der Beschäftigungsprogramme anfallen würde.
Die SVP hatte in der Motion kantonale Beschäftigungsprogramme für alle Asylsuchende, auch für abgewiesene Gesuchsteller, gefordert. Die Personen sollten etwa Sprayereien an Infrastrukturen beseitigen, invasive Pflanzen ausreisen, bei Waldarbeiten oder bei der Schneeräumung mithelfen oder Siedlungsabfälle entsorgen.