Grosser Rat BS Baselstädtisches Parlament für Politik-Schulfach-Initiative

SDA

20.3.2019 - 16:45

Die Initiative «JA zu einem Fach Politik» der Jungfreisinnigen Basel-Stadt (JFBS) hat Rückenwind vom Grossen Rat. Dieser hat am Mittwoch zwar einen Gegenvorschlag beschlossen, aber die Initiative zur Annahme empfohlen, auch bei der Stichfrage.

Zu ihrer 2016 eingereichten Initiative wollen die JFBS ein solches Fach Politik während mindestens eines Jahres in der obligatorischen Schulzeit. Dies soll ein gewisses politisches Basiswissens sicherstellen.

Die Regierung hatte gewarnt, ein Fach Politik widerspäche dem interkantonalen Anliegen, gesellschaftlich relevante Themen nicht in einzelne, sondern in möglichst viele Fächer und Fachbereiche einzubinden. Die von der Initiative geforderten Inhalte und Kompetenzen seien Teil des Lehrplans 21 (LP21).

Da Kompromissversuche gescheitert waren, erarbeitete die grossrätliche Bildungs- und Kulturkommission (BKK) einen Gegenvorschlag. Dieser setzt zweistufig beim Schulgesetz und dem LP21 an. Zwecks Normenhierarchie soll er kein einzelnes Fach oder einzelne Kompetenzen auf Gesetzesstufe regeln.

Blöcke aufgebrochen

Stattdessen soll gemäss Gegenvorschlag der Erziehungsrat das Thema Politik – in Form einer bestimmten Kompetenz (RZG 8.1 d) im Lehrplan 21 für den Schulunterricht neu verbindlich erklären. Dazu sei ein Paragraph zu Lehrplänen im Schulgesetz anzupassen. Das ED müsste bei einer Annahme die Umsetzung aufgleisen, also den Lehrplan 21 anpassen.

In der Debatte zeigten sich am Mittwoch sehr ungewöhnliche Allianzen: Für die Initiative plädierten FDP, SVP und SP, dagegen waren LDP, CVP und Grünes Bündnis.

Am Ende beschloss das Parlament mit 78 gegen 15 Stimmen zwar klar, den Gegenvorschlag an die Urne zu bringen. Die Annahme-Empfehlung gab es jedoch mit 48 gegen 35 Stimmen bei 10 Enthaltungen der Initiative. Bei der Stichfrage obsiegte ebenfalls die Initiative mit 47 gegen 43 Stimmen bei 3 Enthaltungen.

Zeitfrage

Für die Initiative und gegen den Gegenvorschlag argumentierte die FDP, mit der halbdirekten Demokratie in der Schweiz sei man politisch privilegiert, doch damit umzugehen müsse man gründlich lernen. Das brauche Zeit im Schulunterricht, die mit blossem Festschreiben von Inhalten nicht garantiert werde.

Die SVP äusserte sich ähnlich misstrauisch zum Gegenvorschlag. Einzelne Schulen wie etwa das KV Basel seien zwar bereits gut aufgestellt, aber politische Bildung müsse breit besser gefördert werden. Die SP erhofft sich von einem eigenen Fach Politik auch mehr Motivation der Schülerschaft.

Gegen ein Politik-Fach votierte die CVP mit der bereits hohen Belastung: Am Gymnasium seien 16 Fächer jede Woche zu bewältigen, was für die Bewertung rund 64 Prüfungen erfordere, real also zwei bis vier in jeder Schulwoche. Mehr gehe nicht. Eine Wochenstunde zusätzlich reiche ohnehin nicht, sagte das Bündnis. Denkbar wäre stattdessen wie eine Wirtschafts- auch eine Politikwoche einzuführen.

Die LDP machte sich mit Verweis auf die Klimadebatte für fächerübergreifende Politikkunde stark. Ein neues Fach ginge zulasten eines anderer Inhalte. Mehr Stunden könnten die Partizipation senken. Daher sei die Politik besser im LP21 zu verankern, wie es der Gegenvorschlag wolle.

Prioritätenfrage

Cramer warnte die Initiativ-Unterstützer, die Schulen würden mit immer mehr neuen Bildungsansprüchen überfordert. Prioritäten zu setzen klinge gut, aber ein neues Fach Politik würde real zulasten eines anderen Faches gehen. Die Aufnahmekapazität der Schulkinder sei begrenzt und werde heute ausgeschöpft.

Fixe Zeitvorgaben sei «wohl nicht das Ei des Kolumbus», und Schulen seien «keine Kasernen», mahnte Cramer. Pädagogisch wirkungsvoller sei flexibles Eingehen auf die Aktualität. Die Stundentafeln seien in «harten Verteilkämpfen» ausgehandelt worden. Auch der BKK-Sprecher warnte vor einem «Dammbruch» mit Änderungen am LP21.

Der FDP-Sprecher kündigte an, dass für diesen Gegenvorschlag die Initiative «sicher nicht» zurückgezogen werde. Er appellierte an den Erziehungsrat, vor dem wahrscheinlichen Abstimmungstermin im November einen besseren Kompromiss anzustreben. Andere Kantone hätten gehandelt; akzeptable Vorschläge seien greifbar.

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