Nordschweiz Bericht zeigt erhebliche Probleme beim Basler Polizeikorps auf

scmi, sda

21.6.2024 - 10:14

Der am Freitag veröffentlichte Bericht zeigt die Ergebnisse einer umfassenden Befragung der Basler Polizistinnen und Polizisten zur Personalsituation. (Archivbild)
Der am Freitag veröffentlichte Bericht zeigt die Ergebnisse einer umfassenden Befragung der Basler Polizistinnen und Polizisten zur Personalsituation. (Archivbild)
Keystone

Unrast, Angstkultur, mangelndes Vertrauen in die Leitung und ungenügende Massnahmen im Zusammenhang mit Sexismus und Rassismus. Unter anderem das bemängeln die befragten Angehörigen bei manchen Einheiten der Kantonspolizei Basel-Stadt, wie ein am Freitag publizierter Bericht zeigt.

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«Es brodelt in der Mitarbeiterschaft», bilanzierte der Leiter der Befragung, der Staats- und Verwaltungsrechtler Markus Schefer von der Universität Basel vor den Medien. Die Atmosphäre sei durch einen «ermüdenden Aktionismus», mangelnde Wertschätzung und eine «auf Hochtouren laufende Gerüchteküche» geprägt.

Generell sei bei der Kapo ein Kulturwandel erforderlich, sagte Schefer.

Wenig Akzeptanz der Polizeileitung

In den Befragungen fielen einige kritische Bemerkungen zur Führung. «Verschiedentlich wurde geäussert, man nehme den Polizeikommandanten nicht mehr ernst», heisst es im Bericht. Er werde nicht als Respektperson, sondern mehr als Kamerad wahrgenommen. Zudem werde die Leitung nicht als funktionierendes Kollegium betrachtet, heisst es weiter.

Zudem monieren einige, dass nur ein Mitglied der Leitung die polizeiliche Grundausbildung absolviert habe und im Aussendienst tätig gewesen sei. Dies trägt zu «erheblichen Akzeptanzproblemen» der Polizeileitung in weiten Teilen der Kapo bei, besonders bei operativen Aufgaben, wie im Bericht steht. Besonders positiv sehen zahlreiche Polizistinnen und Polizisten jedoch den Rückhalt durch die Departementsvorsteherin Stephanie Eymann (LDP).

«Kruder Umgang mit Frauen»

In den Interviews nennen die Polizisten und Polizistinnen zudem Vorfälle von Rassismus und Sexismus. Es sei von Vorkommnissen berichtet worden, die den rechtlich zulässigen Rahmen sprengten, sagte Schefer. Zu manchen Vorfällen gebe es jedoch oft widersprüchliche Angaben.

Die Kultur sei aber nach wie vor «männlich geprägt» und es herrsche ein «kruder Umgang» mit Frauen im Korps, sagte Schefer. Die befragten Polizistinnen bemängelten, dass sie sich bei abwertendem Verhalten ihnen gegenüber nur an die Vorgesetzten wenden könnten, was für die Betroffenen ein erhebliches Risiko darstellt, wie es im Bericht heisst.

Es müssten Strukturen geschaffen werden, um solche Grenzüberschreitungen zu ahnden, sagte Claudia Puglisi, leitende Polizeidirektorin von Niedersachsen. Das müsse etwa mit Ansprechpersonen institutionalisiert werden. Puglisi führte zusammen mit Schefer sowie der Juristin Anja Fankhauser die Untersuchung durch.

Rassismus muss strukturell angegangen werden

Auch dem Umgang mit Rassismus müsse mehr Gewicht beigemessen werden. Diese Probleme dürften nicht verkürzt werden auf ein moralisches Defizit einzelner Korpsangehöriger, sondern müsse strukturell angegangen werden, sagte Schefer. So sei gerade das Umfeld von manchen gewalttätigen jungen Männern aus dem Maghreb dazu geeignet, um Stereotypen hervorzubringen. Hier müsse zum Beispiel mit einem Rotationsprinzip reagiert werden, sprich dass einzelne Mitarbeitende nicht jahrelang in diesem Umfeld arbeiten müssten.

Von der erhöhten Arbeitsbelastung ist besonders der Aussendienst betroffen. Dort klagten viele Polizistinnen und Polizisten über die mangelnde Planbarkeit von Freizeit, da sie auch an eigentlich freien Wochenenden aufgeboten für Zusatzdienste werden müssten – zum Beispiel bei Fussballspielen oder Demonstrationen, wie es weiter im Bericht heisst. Der Entscheid der Leitung, dass es zumindest zehn frei planbare Wochenenden pro Jahr geben müsse, könne nicht umgesetzt werden.

Manche Polizisten und Polizistinnen klagen auch über ungenügende Entlöhnung, wie aus der Befragung hervorgeht. Dabei müssten sich die an Korps in einem vergleichbaren städtischen und nicht etwa ländlichen Umfeld messen. Zudem äusserten die Befragten Mängel bei der Anschaffung von Material, etwa bei den Schutzwesten mit abgelaufener Einsatzzeit und dem Kauf der Tesla-Fahrzeuge.

372 Personen nahmen an Befragung teil

Die Polizisten und Polizistinnen sagten in den vertraulichen Interviews auch, dass despektierliches Verhalten in der Öffentlichkeit und Gewalt gegenüber den Uniformierten zugenommen hätten.

Puglisi stellte als externe Beobachterin aus Deutschland fest, dass in der Stadt Basel mit seiner Lage im Dreiländereck und der hohen Dichte an Grossanlässen eine grosse Herausforderung darstelle. Die Werte, welche die Polizei in ihren Augen vertreten sollte, sind Gerechtigkeit, Zuverlässigkeit und Respekt. «Wenn diese Werte nach innen mit Füssen getreten werden, macht das etwas mit den Menschen, die diese Werte nach aussen vertreten müssen», sagte Puglisi.

Schefer führte die Befragung bei im Auftrag des Polizeikommandanten Martin Roth durch. Ziel war dabei, den Ursachen für die Kündigungswelle und den Personalnotstand beim Korps nachzugehen. Schefer führte dazu vertrauliche freiwillige Interviews durch. 372 Personen nahmen teil. Davon waren Rund 320 Angehörige der Kantonspolizei, also ein Drittel der über 1000 Mitarbeitenden. Bei den restlichen Befragten handelt es sich um ehemalige Polizistinnen und Polizisten sowie Angehörige anderer Verwaltungseinheiten.