Ein hochverschuldeter Reitstallbetreiber und ehemaliger Luzerner CVP-Kantonsrat steht seit Donnerstag vor dem bernischen Obergericht. Der Mann wurde im Herbst 2017 in erster Instanz unter anderem wegen gewerbsmässigen Betrugs verurteilt. Er focht das Urteil an.
Eine Freiheitsstrafe von 42 Monaten hatte ihm das Wirtschaftsstrafgericht damals aufgebrummt. Der wortgewandte Luzerner habe über 30 Privatpersonen arglistig getäuscht, indem er ihnen seinen Geldgebern Kreditwürdigkeit vorgaukelte, obschon er bis über die Ohren im Schuldensumpf steckte.
Um an Geld für Reitstallbetriebe zu kommen, tischte der Angeklagte seinen Opfern stets die gleiche Familiengeschichte auf. Von seinem kürzlich verstorbenen Vater erwarte er ein grössere Erbschaft sowie Einkünfte aus dem Kiesabbau.
Derzeit stecke er grade finanziell etwas in der Klemme und brauche eine finanzielle Überbrückung, bis die Erbsache geregelt sei. Den Geldgebern versprach er hohe Zinsen, wenn sie ihm vorübergehend aushelfen würden.
Was der vorbestrafte Mann seinen Opfern aber verschwieg: Die Erbschaft des Vaters war überschuldet und stichfeste Belege für Einkünfte aus einem Kiesgeschäft gab es keine.
Unvorsichtige Opfer
Was sein Mandant getan habe, sei sicher nicht schönzureden, betonte Verteidiger Hermann Lei. Doch wegen Betrugs könne man ihn nicht verurteilen. Die Opfer hätten allesamt leichtsinnig gehandelt.
Sein Mandant habe den potenziellen Geldgebern zum Teil abstruse Geschichten erzählt, die die Privatpersonen hätten stutzig machen müssen. Es sei «schon erstaunlich», dass zum Teil gestandenen Geschäftsleute dem Mann einfach so Geld geliehen hatten, ohne auch nur eine einzige Rückfrage zu stellen.
«Dabei wäre es ein Leichtes gewesen», sich über seinen Mandanten zu informieren, sagte Lei. Der Verteidiger vermutete, dass manche Gläubiger auf die horrenden Zinsen spekulierten, die der Angeklagte ihnen versprochen hatte.
Lei forderte für seinen Mandanten eine Freiheitsstrafe von insgesamt 30 Monaten, 24 davon bedingt.
«Skrupelloser Egoist»
Deutlich härter ging der Staatsanwalt mit dem Angeklagten ins Gericht. Von Mitverantwortung der Opfer könne keine Rede sein. Der Angeklagte habe zum Teil gefälschte Dokumente vorgelegt, um die Privatleute, viele davon einfache, ältere Menschen, zu täuschen.
Über 30 Geschädigte und eine Deliktsumme von 1,5 Mio. Franken kamen in den Jahren 2011 bis 2016 zusammen. «Der Angeschuldigte lebte mehrheitlich auf Kosten anderer und hat seine Träume skrupellos verwirklicht», kam der Staatsanwalt zum Schluss.
Dazu kommt laut Staatsanwalt, dass der Angeklagte mit der gleichen Masche 2018 bereits wieder versuchte, an Geld zu kommen. Der Staatsanwalt forderte am Donnerstag mit einer Freiheitsstrafe von 66 Monaten ein deutlich strengeres Urteil als die erste Instanz es noch ausfällte.
Vage Aussagen
Ähnlich wie vor der ersten Gerichtsinstanz blieb der Angeklagte in seinen Aussagen oftmals vage und schweifte immer wieder ab. Gerichtspräsidentin Anastasia Falkner musste ihn mehrmals hart in die Zange nehmen.
Warum er denn auf Einkünfte aus einer Kiesgrube verweise, obwohl er sämtliche Ansprüche darauf längst abgetreten habe, wollte sie vom Angeklagten wissen. Bereits in erster Instanz hatte der Angeklagte betont, es bestehe ein Vertrag, den er dem Gericht nachreichen werde.
Nachgereicht hat er nichts. Auf Falkners Frage nach dem Warum gab der gebürtige Luzerner ausweichend zur Antwort: «Ich hatte immer gedacht, es sei noch ein Vertrag da».
Offen blieb vor dem Obergericht am Donnerstag auch, ob und wenn ja wie viel des Geldes der Mann im Casino verzockt hatte. Er hatte sich vor einigen Jahren selber bei den Schweizer Casinos sperren lassen. Vor Gericht gab er an ein, zweimal im Jahr ins Casino zu gehen.
Falkner zitierte aus einem kürzlich verfassten Schreiben eines Geschädigten der den Angeklagten als notorischen Lügner charakterisiert: «Wenn er ein Wort sagt, sind zwei gelogen». Dem widersprach der Angeklagte.
Der gelernte Landwirt und Reitstallbetreiber stammt aus dem Luzerner Hinterland, wo er auch politisch tätig war. Dann zog er ins Solothurnische und später in die Ostschweiz. Danach war er im thurgauischen Mattwil tätig. Seine Opfer stammen aus mehreren Kantonen, darunter Bern und Luzern.
Das Obergericht wird sein Urteil am Freitag schriftlich eröffnen.
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