Biologie Forschende entdecken Fähigkeit zum Farbensehen bei Tiefseefisch

SDA

9.5.2019 - 20:04

Der Silberkopf Diretmus argenteus lebt in der Tiefsee. Seine Strategie, in der fast absoluten Dunkelheit Farben zu sehen, erstaunt Forschende. (Illustration)
Der Silberkopf Diretmus argenteus lebt in der Tiefsee. Seine Strategie, in der fast absoluten Dunkelheit Farben zu sehen, erstaunt Forschende. (Illustration)
Source: Alexandra Viertler/Universität Basel

In der Tiefsee sind Forschende auf einen Fisch mit einer erstaunlichen Vielfalt des Hell-Dunkel-Sehpigments Rhodopsin gestossen. Diese verschiedenen Sehpigmente erlauben dem Tier, in fast absoluter Dunkelheit Farben zu sehen.

Bisher ging man davon aus, dass Tiefseefische mehr oder weniger farbenblind sind. Bei dem Silberkopf Diretmus argenteus hat ein internationales Forschungsteam nun jedoch ein erstaunlich ausgefeiltes Farbensehvermögen festgestellt. Das Tier besitzt demnach 38 Gene für das Sehpigment Rhodopsin, wie die Wissenschaftler um Walter Salzburger von der Universität Basel im Fachblatt «Science» berichten.

Das Forschungsteam analysierte das Erbgut von 101 Fischarten, darunter viele Tiefseefische, wie die Uni Basel mitteilte. Dabei stiessen sie auf den besonderen Fall des Silberkopfs mit seinen 38 Gen-Kopien für Rhodopsine und zusätzlich zwei für andere Opsine. «Damit ist der im Dunkeln lebende Silberkopf das Wirbeltier mit den am Abstand meisten Genen für Sehpigmente», sagte Salzburger gemäss der Mitteilung.

Breiter Wellenlängenbereich

Die verschiedenen Rhodopsin-Kopien des Silberkopfs weisen kleine Unterschiede auf, wodurch sie auf verschiedene Wellenlängen ansprechen. Das konnten die Forschenden durch Computersimulationen und Laborexperimente an Rhodopsin-Proteinen feststellen. Die verschiedenen Versionen des Sehpigments decken dabei den gesamten Wellenlängenbereich des durch Leuchtorgane von Tiefseeorganismen erzeugten Lichts (Biolumineszenz) ab.

Wirbeltiere besitzen bis zu vier Typen von Zapfenzellen in der Netzhaut fürs Farbensehen, in denen verschiedene Sehpigmente (Iodopsine) die Unterscheidung von Licht verschiedener Wellenlängen erlauben. Allerdings funktioniert dies nur bei Helligkeit gut. Die Stäbchenzellen hingegen enthalten nur einen Typ von Sehpigment, Rhodopsin, das deutlich sensitiver auf Hell-Dunkel-Unterschiede reagiert und das Sehen bei wenig Licht erlaubt, aber keine Farbunterscheidung zulässt.

Beute und Jäger unterscheiden

Anders bei einigen der nun untersuchten Tiefseefische: 13 besassen mehr als ein Gen für Rhodopsin. Mit 38 Rhodopsin-Genen ist der Silberkopf Rekordhalter unter den Wirbeltieren und hat offenbar ein sehr ausgefeiltes, auf Rhodopsin-basierendes Farbensehen entwickelt.

Möglicherweise erlauben ihm die verschiedenen Rhodopsin-Versionen, die Biolumineszenz von Beutetieren, Artgenossen und Jägern zu unterscheiden, vermuten die Forschenden. Mit Verhaltensexperimenten prüfen können sie diese Theorie jedoch derzeit nicht. «In jedem Fall helfen unsere Ergebnisse, das gängige Paradigma in Bezug auf die Rolle von Stäbchen- und Zapfenzellen bei der Farbwahrnehmung zu verfeinern», schrieben die Forschenden im Fachartikel.

Zurück zur Startseite