FotografieKünstlerisches Spiel mit Werken des Pressefotografen Hans Bertolf
dosp, sda
18.8.2022 - 16:36
Die Ausstellung «Past & Post» setzt fotografische Werke von einst und heute in einen Dialog. Mit den Praktiken des zeitgenössischen digitalen Fotoschwalls und den Bearbeitungstechniken spielend setzen sich junge Fotokünstlerinnen und -künstler mit Werken des Basler Pressefotografen Hans Bertolf auseinander.
18.8.2022 - 16:36
SDA
Eine Katze beäugt durch eine Fensterscheibe eine Reihe von bereitgestellten und mit Würsten bestückte Teller. Ein wohlbeleibter älterer Mann schiesst mit einer Pistole zum Spatenstich des Autobahnabschnitts Schweizerhalle in die Luft. Eine Gruppe von Männern beobachtet scheinbar ungerührt, wie in unmittelbarer Nähe ein Haus in die Luft gesprengt wird.
Wer den Ausstellungsraum in der Basler Universitätsbibliothek betritt, ist vom ersten Moment an gefesselt von der Ästhetik der Fotografien von Hans Bertolf (1907-1976). Für die Basler «National-Zeitung» lichtete er den gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Alltag ab – jeweils mit einer grossen Hingabe zum Motiv, gepaart mit hintersinnigem Humor.
Die Sammlung der Schwarzweiss-Fotografien befindet sich im Basler Staatsarchiv. Auf Anregung der Christoph Merian Stiftung ist es nun zu einer Zusammenarbeit mit dem Haus für zeitgenössische Fotografie, Bellevue, gekommen. Die junge Fotokünstlerin Thi My Lien Nguyen (*1995) und ihr Kollege Simon Tanner (*1983) wurden eingeladen, sich mit den Schwarzweiss-Vorlagen auseinanderzusetzen.
Spielerischer Dialog
Das Resultat ist ein immenser Bildteppich mit tausenden von kleinen Farbfotografien, die Motive von Bertolfs Arbeiten aufnehmen und in jeweils Dutzenden Varianten künstlerisch spiegeln. Das alleinige und gut vorbereitete Werk der analogen Fotografie trifft dabei auf die Riesenfülle der digitalen Dauerfotografie der Gegenwart.
In einem zweiten Strang verfremden die Künstlerin und der Künstler der Gegenwart Aufnahmen Bertolfs mit teilweise logischen, aber auch absichtlich absurden Montagen. So kommt etwa eine farbige Goofy-Comicfigur auf einer schwarzweiss abgebildeten ehemaligen Brücke über den Birsig zu liegen.
Dieser Dialog ist nur eine Seite der Ausstellung. Sie vertieft sich auf didaktische Art in die Hintergründe von Bertolfs Schaffen. Zu jeder ausgestellten Fotografie gibt es eine Archivmappe mit Hintergrundinformationen – unter anderem einem Faksimile der Zeitungsseite, für die die Fotos entstanden sind. Zusätzlich sind Audiobeiträge von Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Leonhard zu einzelnen Werken zu hören.
Es ist eine vielschichtige Ausstellung, die eine intensive Auseinandersetzung mit dem Medium Fotografie im Laufe der Zeit erlaubt. Wer nicht ganz so tief in die historischen und rezeptiven Gründe vordringen möchte, kann sich ganz einfach auch von der wunderbaren Ausstrahlung von Bertolfs Arbeiten einnehmen lassen.
Die Ausstellung im Ausstellungsraum der Universitätsbibliothek Basel dauert bis 19. Oktober 2022.
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