BundesgerichtSchuldenbremse: Beschwerde von FDP-Mitgliedern gutgeheissen
SDA
15.10.2020 - 13:36
Die dreitägige Beschwerdefrist für die Einreichung einer Stimmrechtsbeschwerde gemäss dem Aargauer Gesetz verstösst im Fall der Schuldenbremse-Initiative der FDP in der Stadt Aarau gegen die Bundesverfassung. Dies hat das Bundesgericht entschieden und eine von zwei Beschwerden der FDP-Mitglieder Martina Suter und Yannick Berner gutgeheissen.
Suter und Berner hatten ihre Beschwerde gegen einen Beschluss des Einwohnerrats fünf Tage nach der Publikation im Amtsblatt des Kantons Aargau vom 25. März 2019 eingereicht.
Sie rügten in ihrer Stimmrechtsbeschwerde, die als allgemeine Anregung formulierte Volksinitiative der FDP «Schuldenbremse zur Sicherung eines ausgeglichenen Finanzhaushalts der Stadt Aarau» sei ungenügend umgesetzt worden.
Das Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI) trat auf die Stimmrechtsbeschwerde nicht ein, weil sie nicht innerhalb der Dreitagesfrist gemäss dem Aargauer Gesetz über die politischen Rechte eingereicht worden ist. Das Verwaltungsgericht bestätigte diesen Entscheid.
Wichtige Infos fehlten
Das Bundesgericht hat das Urteil nun aufgehoben und die Sache zur inhaltlichen Prüfung ans DVI zurückgewiesen. Es hält im entsprechenden Urteil fest, in der Publikation des Einwohnerratsbeschlusses hätten wesentliche Informationen gefehlt.
Einem durchschnittlichen Stimmberechtigten sei es deshalb nicht möglich gewesen, innerhalb der dreitägigen Frist eine Stimmrechtsbeschwerde einzureichen.
Nicht relevant sei, dass es sich bei den beiden Beschwerdeführern um einen Einwohnerrat beziehungsweise um eine politisch aktive und gut vernetzte Person handle.
Die Ausübung der politischen Rechte müsse jedem möglich sein, weshalb die dreitägige Frist in diesem konkreten Fall den in der Bundesverfassung festgehaltenen Garantien widerspreche. Trotz der benötigten fünf Tage sei die Beschwerde deshalb als rechtzeitig eingereicht zu betrachten.
Im Amtsblatt wurde lediglich der Wortlaut der Ergänzung der Gemeindeordnung publiziert und das Datum des dazu durchzuführenden obligatorischen Referendums.
Nicht erwähnt wurde, dass es sich bei der vom Einwohnerrat beschlossenen Änderung der Gemeindeordnung um eine Umsetzungsvorlage zu einer Volksinitiative handelt. Nicht erkennbar war laut Bundesgericht zudem, dass diese Umsetzung mit gewissen Problemen behaftet war.
Zusätzliche Beschwerde
Eine weitere Beschwerde im Zusammenhang mit der Schuldenbremse hat das Bundesgericht abgewiesen. Diese hatten die Beschwerdeführer nach der Abstimmung über die Änderung der Gemeindeordnung am 19. Mai 2019 – die angenommen wurde – eingereicht.
Darin argumentieren die Beschwerdeführer, erst das Ergebnis der Referendumsabstimmung sei der Beschluss des Einwohnerrates zu einem Akt geworden, der eine Beschwerde zulasse.
Diese Sicht hat das Bundesgericht nicht gestützt. Es hält klar fest, dass die Publikation im Amtsblatt die Frist für eine Stimmrechtsbeschwerde ausgelöst habe. (Urteile 1C_555/2019 und 1C_556/2019 vom 9.9.2020)
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