Prozess 42-Jähriger von Vorwürfen der häuslichen Gewalt freigesprochen

SDA

17.9.2020 - 11:13

«Im Zweifel für den Angeklagten»: Das Bezirksgericht Kreuzlingen sprach einen 42-jährigen Schweizer von sämtlichen Vorwürfen betreffend häusliche Gewalt frei. (Symbolbild)
«Im Zweifel für den Angeklagten»: Das Bezirksgericht Kreuzlingen sprach einen 42-jährigen Schweizer von sämtlichen Vorwürfen betreffend häusliche Gewalt frei. (Symbolbild)
Source: KEYSTONE/LUIS BERG

Das Bezirksgericht Kreuzlingen hat einen 42-jährigen Mann von sämtlichen Vorwürfen betreffend häusliche Gewalt freigesprochen. Dabei berief es sich in seinem am Donnerstag veröffentlichten Urteil auf den Grundsatz «Im Zweifel für den Angeklagten».

Die Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht fand im April 2020 statt. Beschuldigt war der Schweizer der mehrfachen Vergewaltigung und Nötigung, der Schändung, Körperverletzung und Drohung. Als Privatklägerin trat die Lebenspartnerin des Beschuldigten auf.

Das Gericht sprach nun den Beschuldigten von sämtlichen Vorwürfen frei. Für die abgeseesene Untersuchungshaft erhält er eine Genugtuung, zudem eine Entschädigung für seine Anwaltskosten. Die Zivilforderungen der Frau wies da Gericht ab.

«Vier-Augen-Delikt»

Die Vorfälle sollen laut Anklage im Herbst 2016 in der gemeinsamen Wohnung des Paares stattgefunden haben. Fälle von häuslicher Gewalt sind im Allgemeinen so genannte Vier-Augen-Delikte, das heisst, es gibt keine Dritten als Augenzeugen – das Gericht muss sich für sein Urteil auf die Aussagen der direkt Beteiligten stützen.

In seinen Ausführungen weist das Gericht darauf hin, ein Schuldspruch dürfe «nie auf blosser Wahrscheinlichkeit» beruhen. Er dürfe nur erfolgen, wenn die Schuld «mit hinreichender Sicherheit erwiesen» sei.

Von diesen Grundsätzen dürfe auch nicht abgewichen werden mit der Begründung, dass sich «das Opfer einer Straftat manchmal in einem eigentlichen Beweisnotstand befindet». Das bedeute keine automatischen Freisprüche in solchen Fällen. Für einen Schuldspruch müssen jedoch die Aussagen des Opfers eine sehr hohe, jene des oder der Beschuldigten eine sehr tiefe Validität aufweisen.

Aussagen nicht glaubhaft

Die Kreuzlinger Richter kamen nun zum Schluss, die Aussagen der Frau, auch sie Schweizerin, seien «insgesamt als nicht glaubhaft zu qualifizieren», wie es im Urteil heisst. Sie habe «das Kerngeschehen weder gleichbleibend noch in sich schlüssig oder folgerichtig» geschildert. Teils hätten ihre Aussagen gar nachweislich den Fakten widersprochen.

Der Beschuldigte hatte alle Vorwürfe zurückgewiesen. Auch seine Aussagen vermochten die Richterinnen und Richter «nicht restlos zu überzeugen». Sie wiesen aber «weniger Widersprüche, mehr Realitätsmerkmale und Detailreichtum» auf, als jene der Frau. Es könne «nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden», dass seine Schilderungen der Ereignisse zuträfen, so das Urteil.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin hatte Schuldsprüche und eine fünfjährige Freiheitsstrafe gefordert.

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