Chur Archäologen finden auf früherem Gefängnisgrund einzigartige Gussform

SDA

21.7.2020 - 12:54

In Chur haben Archäologen bei einer Grabung auf dem ehemaligen Areal des Sennhof-Gefängnisses eine Gussform aus Stein entdeckt. Sieben verschiedene Objekte konnten damit hergestellt werden, darunter ein Kreuz.

Beim besonderen Einzelstück handelt es sich um eine nur 9 x 8,5 x 3 Zentimeter grosse Steinplatte, die als Gussform zur seriellen Produktion von Schmuckobjekten respektive religiösen Gegenständen diente. Nach bisherigem Kenntnisstand ist die Form in das 9. bis 11. Jahrhundert zu datieren. Gussformen befinden sich auf beiden Seiten.

Ähnliche Fundstücke in der Schweiz wurden bisher lediglich in Basel, Bern und Winterthur zu Tage gefördert, wie der Bündner Kantonsarchäologe Thomas Reitmaier und sein Team am Dienstag in Chur vor den Medien sagten. Die Gussform lag in Erdschichten ausserhalb der heutigen Gefängnismauern. Der Boden war aber früher Teil der Strafanstalt Sennhof, die Anfang Jahr geräumt wurde.

Aussergewöhnlicher Fund

Mit der Gussform konnten vor rund 1000 Jahren Kreuzanhänger mit Christusdarstellung, Scheibenfibeln, Finger- und Ohrringe sowie Anhänger respektive Appliken in Adlerform hergestellt werden. Der laut den grabenden Archäologen für Graubünden und die Schweiz aussergewöhnliche Fund wird in den nächsten Monaten eingehend untersucht und wissenschaftlich publiziert.

Der archäologische Dienst gräbt auf dem Sennhof-Areal seit dem letzten März. Der Grund dafür ist die geplante Neugestaltung des ehemaligen Gefängnisses in der Churer Altstadt. Die archäologischen Arbeiten sind notwendig, um die im Boden erhaltenen Strukturen und Funde noch vor Baubeginn untersuchen und dokumentieren zu können. Sie dauern vermutlich bis in den Herbst hinein.

Mittelalterliches Werkstatt-Areal

Die Churer Areale Sennhof und Karlihof im Osten der Altstadt gehören zu den bedeutendsten archäologischen Fundstellen des Kantons Graubünden. Schon 1984 und 1990 wurden dort umfassende Grabungen vorgenommen. Damals wurden Siedlungsreste sowie Grabgruppen untersucht, die eine beinahe kontinuierliche Nutzung des Gebietes von der späten Bronzezeit bis in die Neuzeit belegen.

Bei den aktuellen Grabungen wird im Südosten der Baufläche gegraben. Besonders bemerkenswert ist gemäss den Archäologen die hohe Anzahl und die Art der dort vorhandenen Fundobjekte. Es handelt sich um grosse Mengen an Tierknochen, meistens von Pferden, beziehungsweise Halbfabrikaten und Produktionsabfall von Knochenschnitzern.

Auch Barren aus Buntmetall, Spinnwirtel, Glasschlacken und ähnliche Fragmente zählen zu den Fundobjekten. Die Kombination aus einfachen Holzbauten und dem spezifischen Fundmaterial darf als Werkstattareal mit unterschiedlichen handwerklichen Tätigkeiten aus dem Früh- und Hochmittelalter interpretiert werden.

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