JustizBerichterstattung über Kesb Linth war persönlichkeitsverletzend
SDA
22.7.2020 - 10:10
Das Kantonsgericht St. Gallen hat die Berichterstattung in den «Obersee Nachrichten» zu Fällen der Kesb Linth als persönlichkeitsverletzende Kampagne qualifiziert. Das Gericht weist die Berufung von zwei Journalisten ab und verpflichtet sie zur Zahlung einer Genugtuung.
Zwischen Herbst 2014 und August 2016 berichteten die «Obersee Nachrichten» in rund 50 Wochenausgaben und rund 130 Beiträgen über diverse Ereignisse, bei denen die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) Linth und deren damaliger Präsident eine Rolle spielten.
Dabei griff die Regionalzeitung namentlich neun von der Kesb Linth betreute Fälle auf und thematisierte wiederholt die Wahl des Präsidenten sowie mutmassliche Verflechtungen verschiedener Akteure des regionalen Sozialwesens. Ausserdem posteten Drittpersonen eine Vielzahl von Kommentaren auf der Facebook-Seite der Zeitung.
Der Präsident der Kesb Linth und die Stadt Rapperswil-Jona als deren Trägergemeinde empfanden die Berichterstattung als persönlichkeitsverletzend und erhoben Klage gegen die «Obersee Nachrichten», deren damaligen Verleger und Chefredaktor sowie gegen einen weiteren Redaktor.
Löschung von Textpassagen angeordnet
Das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland schützte diese Klage am 8. Dezember 2017 teilweise. Es stellte fest, dass die Berichterstattung eine persönlichkeitsverletzende Kampagne gegen den Präsidenten der Kesb und die Stadt Rapperswil-Jona darstelle.
Es verpflichtete die «Obersee Nachrichten» zur Anbringung eines entsprechenden Vermerks bei den Berichten, Leserbriefen und im Onlinearchiv, zur Löschung von Textpassagen in 19 Beiträgen auf ihrer Facebook-Seite und zur Publikation des Entscheids.
Während die «Obersee Nachrichten» den Entscheid akzeptierten und dem Löschungsbegehren noch während laufender Berufungsfrist nachkamen, erhoben sowohl der in der Zwischenzeit von den «Obersee Nachrichten» entlassene Chefredaktor und der ebenfalls entlassene Redaktor als auch die Kläger Berufung beim Kantonsgericht.
Journalisten prüfen Weiterzug ans Bundesgericht
Das Kantonsgericht beurteilt nun mit Entscheid vom 6. Juli 2020 die fragliche Berichterstattung wie das Kreisgericht als persönlichkeitsverletzende Kampagne. Es weist die Berufung der beiden Journalisten ab, verbietet ihnen unter teilweisem Schutz der Berufung der Kläger bestimmte Äusserungen im Zusammenhang mit den zur Kampagne gehörenden Fällen und verpflichtet die Beklagten zur Bezahlung einer Genugtuung.
Die Stadt Rapperswil-Jona ist erfreut über das Urteil und schreibt in einer Stellungnahme: «Das Kantonsgericht stützt teilweise auch Forderungen, welche von der ersten Instanz noch abgewiesen worden waren.» Den beiden Journalisten wird die Verbreitung von zehn Aussagen unter Strafandrohung verboten, dem ehemaligen Kesb-Präsidenten wird eine Genugtuung zugesprochen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. «Wir werden das Urteil zusammen mit unserem Anwalt analysieren und entscheiden, ob es angefochten wird», schreiben die betroffenen Journalisten in einer Mitteilung. Mit dem Urteil würden eine staatskritische Berichterstattung erschwert und die Meinungs- und Medienfreiheit massiv eingeschränkt.
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