Gerichtswesen Bündner Regierung reagiert auf überlastetes Kantonsgericht

SDA

11.6.2020 - 15:13

Zusätzliche Richterinnen und Richter in Temporäranstellung sollen helfen, den Pendenzenberg am Kantonsgericht Graubünden in Chur abzubauen (Archivbild)
Zusätzliche Richterinnen und Richter in Temporäranstellung sollen helfen, den Pendenzenberg am Kantonsgericht Graubünden in Chur abzubauen (Archivbild)
Source: KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER

Die Bündner Regierung reagiert auf den Pendenzenberg am Kantonsgericht mit einer Gesetzesänderung. Bald soll es möglich sein, die Gerichte für durch Wahl weiterer Richterinnen und Richter temporär zu verstärken.

Weil das Bündner Recht keinen Mechanismus kennt, um eine vorübergehende Aufstockung von Richterstellen am Kantons- oder Verwaltungsgericht vorzunehmen, ist eine Anpassung des Gerichtsorganisationsgesetzes nötig. Die Regierung schickt nun einen Entwurf für eine entsprechende Teilrevision in die Vernehmlassung. Demnach wäre eine temporäre Anstellung von Richtern oder Richterinnen für maximal zwei Jahre geplant.

Die Gesetzesrevision soll insbesondere helfen, die unbefriedigende Situation am Kantonsgericht Graubünden in Chur aus der Welt zu schaffen. Dort türmte sich ein Pendenzenberg auf.

Die Zahl der unerledigten Gerichtsfälle stieg seit 2011 stetig, wie ein von der Justizkommission des Grossen Rates in Auftrag gegebenes Gutachten ergab. Und obschon das Gericht nicht ineffizienter arbeitet als andere, vermag es den Pendenzenberg nicht abzutragen.

Mehrere Gründe für den Pendenzenberg

Die Gutachter orteten mehrere Gründe für den Rückstau. Die eidgenössischen Prozessordnungen, die Anfang 2011 in Kraft traten, abverlangten einen Mehraufwand genauso wie die Revision des Kindes- und Erwachsenenschutzrechtes per Anfang 2013. Auf die Mehrarbeit reagierte die Politik mit einer zusätzlichen Richterstelle am Kantonsgericht, freilich erst auf das Jahr 2017.

Die volle Leistung nicht erbringen konnte das Kantonsgericht ausserdem wegen unfall- oder krankheitsbedingter Abwesenheit von Richtern. Auch persönliche Spannungen standen einer speditiven Fallerledigung im Weg. Zudem soll es dem Gerichtspräsidenten nicht gelungen sein, das Richtergremium und das Aktuariat zu einem Team zu formen, das gemeinsam Ziele formuliert und anstrebt.

Zur Reduktion der unerledigten Fälle empfiehlt das Gutachten im übrigen, den Detaillierungsgrad und die Länge der Urteile «selbstkritisch zu analysieren». Einige Urteile wiesen über 60 Seiten auf.

Das Kantonsgericht in Chur arbeitet mit sechs Richterstellen und sieben Stellen im Aktuariat. Mit der angestrebten Revision des Gerichtsorganisationsgesetzes, die eine befristete Erhöhung der Richterstellen möglich machen soll, befolgt die Bündner Regierung den Rat der Fachleute.

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