OstschweizChurer Konsumraum für Drogenabhängige um Mehrfaches teurer
uj, sda
17.1.2024 - 10:10
Der Konsumraum für Drogenabhängige kommt die Stadt Chur sehr viel teurer zu stehen als geplant. Für die Einrichtung des Konsumraums und einen dreijährigen Pilotbetrieb rechnet die Stadtregierung neu mit Kosten von 3,9 Millionen Franken anstatt wie bisher von 1,1 Millionen Franken. Als Grund nennt sie insbesondere einen veränderten Drogenkonsum.
17.01.2024, 10:10
17.01.2024, 13:08
SDA
Der Gemeinderat, das Parlament, hatte für den Konsumraum im Juni 2022 bereits 1'080'000 Franken bewilligt. Die Stadtregierung beantragt nun die Aufhebung dieses Kredits und einen neuen Rahmenkredit von 3'879'000 Franken. Das erklärte Stadtpräsident Urs Marti (FDP) am Mittwoch in Chur bei der Präsentation der Botschaft der Stadtregierung an das Parlament.
«Die ursprünglichen Zahlen hatten wir von den bestehenden Konsumräumen in anderen Städten abgeleitet», sagte Stadtrat Patrik Degiacomi (SP), Vorsteher des Departementes Bildung Gesellschaft Kultur. Seither seien aber kokainbasierte Drogen wie Base in den Konsumräumen angekommen.
Längere Öffnungszeiten, mehr Personal, mehr Räume
Dieser veränderte Drogenkonsum fordere längere Öffnungszeiten, mehr qualifiziertes Fachpersonal und mehr Infrastruktur, erklärte Degiacomi. Es brauche sogenannte Inhalationsräume für den Konsum und Rückzugsräume für die Zeit danach. Das habe zu mehr als einer Verdoppelung der Betriebskosten geführt. Diese werden nun für die dreijährige Pilotphase auf 2,75 Millionen Franken veranschlagt, anstatt wie bisher auf 1,08 Millionen Franken.
Zu Mehrkosten habe auch die benötigte Liegenschaft geführt, sagte der Stadtrat. Der Stadt gelang es nicht, eine zu mieten. Deshalb stellt sie nun eine eigene Parzelle in der Innenstadt und bestückt diese mit Wohncontainern. Daraus resultieren Mehrkosten von einer halben Million Franken.
Die Parzelle ist gut zu Fuss erreichbar vom Stadtpark, wo sich die offene Churer Drogenszene aufhält. Sie liegt aber auch mitten in einem Wohnquartier und grenzt an einen Spielplatz. Das führt zu weiteren Mehrkosten von insgesamt 638'000 Franken.
Der Löwenanteil davon entfällt auf den Einsatz eines privaten Sicherheitsdienstes. Ziel sei es, dass die Drogenabhängigen das Quartier nur durchqueren zum Konsumraum, sich aber dort nicht aufhalten, hiess es.
Kredit «grosszügig gerechnet»
«Der erste Kredit war so tief, wie nun denkbar», betonte Degiacomi. Der neue Kredit sei nun eher grosszügig gerechnet. «Mit diesem Kredit werden wir sicher gut durchkommen», versicherte er.
Stadtpräsident Marti dämpfte dennoch die Erwartungen. Man werde es nicht schaffen, dass niemand unter Drogeneinfluss in der Stadt herumlaufe. «Aber wir werden erreichen, dass sich die Suchtkranken geordneter und weniger häufig in der Öffentlichkeit aufhalten», sagte er.
Vor allem aber werde die Stadt mit dem Konsumraum die Lebensbedingungen der Suchtkranken verbessern. Dieser werde zusammen mit einer Anlauf- und Beratungsstelle des Kantons auf der gleichen Parzelle betrieben. Dort könnten sich die Drogenabhängigen aufhalten, erhielten Essen und könnten auch duschen.
Es ginge der Stadt insbesondere darum, die Herausforderungen menschlich gut abzuwickeln, sagte Marti. Die Stadt rechne mit etwa 100 bis 150 Personen, die den Konsumraum frequentieren würden.
Volksabstimmung notwendig
Der Gemeinderat wird den Kreditantrag des Stadtrates am 1. Februar behandeln. Da das Geschäft aufgrund der Summe von mehr als drei Millionen Franken unter das obligatorische Referendum fällt, findet bei einem zustimmenden Entscheid am 9. Juni eine Volksabstimmung statt. Sollte das Volk «ja» sagen zum Konsumraum, benötigt die Stadt vier bis fünf Monate, um diesen bereit zu stellen.
«Wenn wir den Konsumraum realisieren, tritt nach drei Jahren entweder die erhoffte Wirkung ein und der Kanton könnte die Einrichtung übernehmen», erklärte Stadtpräsident Marti. Wenn sich die erhoffte Wirkung nicht einstelle, werde das Angebot geschlossen.
«Wenn wir den Konsumraum nicht realisieren, wird sich die aktuelle Situation fortsetzen oder sogar verschlimmern», betonte Marti. Die Gesellschaft müsste dann die heutige Situation akzeptieren.
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