OstschweizDer alte Traum von der St. Galler Herzchirurgie
ka, sda
11.1.2024 - 11:44
In den letzten Jahrzehnten hat es mehrere Anläufe für eine Herzchirurgie am St. Galler Kantonsspital gegeben. 1995 etwa scheiterten die Pläne in einer Volksabstimmung. Nun gibt es einen neuen Versuch. Der Entscheid der Regierung fällt wohl im März 2024.
ka, sda
11.01.2024, 11:44
SDA
«Ostschweizer Kantone wollen eigene Herzchirurgie». Das war im Juli 1988 der Titel einer Meldung der Nachrichtenagentur SDA. Die Regierungen begründeten damals die Notwendigkeit einer eigenen Herzchirurgie am St. Galler Kantonsspital mit den überlangen Wartefristen für Ostschweizer Patientinnen und Patienten, die in Zürich operiert werden mussten.
Nur wenige Monate später, im Februar 1989, wurde allerdings bereits das Scheitern dieser Pläne publik. Der Grund war die Erhöhung der Herzchirurgie-Kapazitäten am Triemli-Spital in Zürich. Damit brauchte es kein zusätzliches Angebot mehr.
Das Thema verschwand aber nur für kurze Zeit von der Bildfläche: 1991 war im Zusammenhang mit den Erweiterungsbauten für Chirurgie und Radiologie am St. Galler Kantonsspital bereits wieder die Rede von einer Abteilung für Herzchirurgie. Das Problem akzentuierte sich, weil in Zürich die Zahl der Herzoperationen reduziert wurde und es in der Ostschweiz rasch wieder eine längere Warteliste gab.
Ausweichen auf Privatklinik
Als Alternative boten sich die privaten Hirslanden Kliniken in Zürich an. Die Eingriffe waren dort allerdings teurer. 1992 musste der St. Galler Kantonsrat deswegen einen Nachtragskredit von 900'000 Franken bewilligen. Die Abklärungen für eine eigene Lösung wurden konkreter.
1994 kündigte der damalige St. Galler Gesundheitsdirektor Burkhard Vetsch (FDP) eine Vorlage für die Herzchirurgie am Kantonsspital an. Für die erwarteten 250 bis 300 Eingriffe pro Jahr wurde mit Investitionskosten von 7,5 Millionen Franken sowie einem jährlichen Brutto-Betriebsaufwand von 8,2 Millionen Franken gerechnet. Weiter brauchte es dafür zusätzlich 57 Stellen.
Wegen der Ausgaben war eine Volksabstimmung notwendig. Im Mai 1995 gab der Kantonsrat gegen einzelne Stimmen von SP und Grünen grünes Licht für die Herzchirugie. Vor der Abstimmung am 26. November 1995 sprachen sich FDP und CVP dafür aus. Die Nein-Parole gab es etwa von SP, Grünen oder dem Landesring. Auch die 1992 gegründete SVP war dagegen. Das Resultat fiel dann mit 62 Prozent Nein gegen 38 Prozent Ja klar aus. Die Pläne waren vom Tisch – zumindest vorübergehend.
Freie Spitalwahl
Im Juni 1996 gab die St. Galler Regierung bekannt, das Zürcher Universitätsspital übernehme künftig die Versorgung der Herzpatientinnen und -patienten aus dem Kanton St. Gallen. Mit dieser Lösung blieb es länger ruhig. Erst 2008 wurde das Thema wieder aktuell, als im Kantonsrat ein Postulat der FDP zur Herzchirurgie überwiesen wurde. Die Regierung sollte die Vor- und Nachteile eines eigenen Angebots aufzeigen.
2012 änderte sich die Situation mit der Einführung der freien Spitalwahl grundlegend: Patientinnen und Patienten können seither auswählen, wo sie sich operieren lassen wollen. Bedingung ist, dass das Spital auf einer kantonalen Spitalliste steht. Damit wurde die Auswahl grösser.
Es dauerte bis 2017, bis der Bericht zum FDP-Postulat vorlag. Derzeit stelle sich die Frage nach einer St. Galler Herzchirurgie nicht, schrieb die Regierung. Auf der Spitalliste werde nur die Universitätsklinik in Zürich sowie die Klinik Hirslanden in Zürich als Leistungserbringer aufgeführt. Eine Überarbeitung der Liste sei erst ab Mitte 2022 möglich.
Im Bericht stand auch, dass eine allfällige Bewerbung eines st. gallischen Leistungserbringers zu prüfen sei. Die Regierung vermutete: «In Anbetracht der hohen Dichte an Leistungserbringern wäre das Verständnis auf nationaler Ebene für ein zusätzliches Herzzentrum gering».
Regionale Unterversorgung
Seit Oktober 2023 ist bekannt, dass das St. Galler Kantonsspital zusammen mit dem Universitätsspital Zürich und dem Stadtspital Zürich einen Leistungsauftrag für die Herzchirurgie beantragt. Der Entscheid der Regierung steht noch aus und ist für März 2024 angekündigt.
An den Kosten soll es aus Sicht der Regierung nicht scheitern: Das Angebot sei «ohne substanzielle Zusatzinvestitionen» möglich, schrieb sie Ende Dezember in der Antwort auf einen Vorstoss. Die Regierung hielt dabei aber auch fest, dass es in der Ostschweiz bei der Herzchirurgie eine Unterversorgung gebe, in der gesamten Schweiz aber eine Überversorgung.
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