GesundheitspolitikGemischte Reaktionen auf die Spitalstrategie
SDA
23.10.2019 - 16:33
Die St. Galler Regierung will fünf Spitäler schliessen und die übrigen vier Standorte stärken. Diese Pläne stossen bei den bürgerlichen Parteien auf grundsätzliche Zustimmung. Kritik gibt es von links und aus den betroffen Gemeinden.
Die FDP, die in diversen Vorstössen zum Thema Spitäler in den letzten beiden Jahren immer wieder einschneidende Massnahme gefordert hat, zeigt sich mit der Stossrichtung der nun bekanntgewordenen Spitalstrategie zufrieden. Endlich werde auf die prekäre finanzielle Lage reagiert. Die Regierung habe regionalpolitische Überlegungen berücksichtigt und eine ausgewogene Vorlage präsentiert.
Auch die SVP unterstützt grundsätzlich die Stossrichtung der neuen Spitalstrategie – allerdings komme sie «um Jahre zu spät». Wie die anderen Parteien will die SVP die Vorlage nun zuerst detailliert prüfen und dann in Rahmen der Vernehmlassung Stellung nehmen.
Planungsstopp an der Kantonsgrenze
Die Regierung habe sich bemüht, eine Lösung zu finden, die politisch tragbar sei und gleichzeitig die notwendige Leistungskonzentration beinhalte, urteilt die CVP-GLP-Fraktion. Sie zeigt sich aber auch «enttäuscht und konsterniert, dass wesentliche Forderungen nicht erfüllt wurden». Gemeint ist eine Betrachtung über die Kantonsgrenzen hinaus. Dieser Planungsstopp sei nicht nachvollziehbar.
Nicht zufrieden ist die Fraktion mit dem Gutachten der Beratungsfirma KPMG, das die Regierung in Auftrag gegeben hatte. Neue erfolgsversprechende Ideen, Konzepte und Ansätze suche man im Strategiepapier vergeblich.
Lange Pendlerwege für Angestellte
Deutliche Kritik gibt es von der SP-Grüne-Fraktion. Der Vorschlag sei «ungerecht, untauglich, unrealistisch» und die Vorlage so politisch nicht durchsetzbar. Die Regierung habe dem grossen Druck nachgegeben und sei auf die rein betriebswirtschaftliche Argumentation des Verwaltungsrates der Spitalverbunde eingeschwenkt.
An den Standorten, an den Spitäler geschlossen werden, gingen mindestens 70 Arbeitsplätze verloren. Dies seien nicht nur einzelne Schicksale. Über lange Sicht würden für die Standortattraktivität der Regionen überaus wertvolle Arbeits- und Ausbildungsplätze abgebaut. «Vielen hundert Spitalangestellten droht mit dem Abbruchkonzept der Regierung ein langer Pendlerweg», heisst es in der Mitteilung.
Der VPOD stellt fest, es sollten «mindestens» 70 Stellen abgebaut werden. Diese Aussage lasse vermuten, dass weit mehr Arbeitsplätze verloren gingen. «Wie wollen die Verantwortlichen das Personal mit diesen Aussichten bis 2028 bei der Stange halten?«, fragt der Personalverband. Der VPOD setze sich für einen Service public ein, der diese Bezeichnung auch verdiene. Leider sei die Regierung nicht bereit, mit zusätzlichen Beiträgen gewisse stationäre Angebote in den Regionalspitälern aufrecht zu erhalten. Der Kantonsrat müsse nun korrigierend eingreifen.
Viele Fragen offen
Die zuständige Sektion des Schweizer Berufsverbandes der Pflegefachpersonen (SBK) nimmt «die St. Galler Spitalstrategie mit Besorgnis zur Kenntnis», wie es im Communiqué heisst. Man bange um dringend notwendige Ausbildungsplätze für die Fachkräfte in Pflege und Medizin.
Solch einschneidende Veränderungen bewirkten bei den Mitarbeitenden eine grosse Unsicherheit, auch wenn der Stellenabbau durch natürliche Fluktuationen abgefedert werden solle. Aus berufs- und gewerkschaftspolitischer Sicht seien noch viele Fragen offen oder noch nicht beantwortet, schreibt der Verband.
Erste Reaktionen gibt es auch aus den von Spitalschliessungen betroffenen Gemeinden. Der Förderverein Spital Wattwil stellt fest, auf den ersten Blick entspreche das Ganze faktisch dem Konzept des Verwaltungsrates vom Mai 2018, ergänzt um die Notfallstationen als «Globuli zur Beruhigung der Bevölkerung».
Vorschlag vom Tisch gewischt
Stossend sei, dass die Regierung das Modell des im März vorgestellten Alternativkonzepts «Integrierte Gesundheitsversorgung Toggenburg» der Gemeinde Wattwil «mir nichts dir nichts vom Tisch gewischt hat». Angesichts der schrittweisen Aushungerung des Spitals Wattwil falle es dem Förderverein schwer, Vertrauen in die Regierung zu fassen.
Die Gemeinde Flawil erklärte in einer ersten Stellungnahme, man sehe es als positiv an, dass der heutige Spitalstandort Flawil, «in welcher Form auch immer», bestehen bleiben solle. Was die Reduktion auf ein «Gesundheits- und Notfallzentrum» personell, organisatorisch und infrastrukturell bedeute, sei derzeit noch nicht bekannt.
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