GemeindefusionGlarus als Vorbild für Appenzell Ausserrhoden
SDA
28.8.2020 - 09:04
Der Regierungsrat von Appenzell Ausserrhoden hat vorgeschlagen, die Zahl der Gemeinden auf noch vier zu reduzieren. Dies erinnert an die bisher beispiellose Gemeindefusion im Kanton Glarus: Seit 2011 gibt es dort nur noch drei Gemeinden, vorher waren es 25.
Letzte Woche präsentierte der Ausserrhoder Regierungsrat eine umfassende Umgestaltung der Gemeindestrukturen und legte sich dabei auf eine Variante fest: Statt wie heute 20 soll es künftig nur noch vier Gemeinden im Kanton geben.
Die neuen Kommunen sollen sich an den bestehenden funktionalen Räumen im Kanton orientieren: Vorder-, Mittel- und Hinterland sowie Herisau. Noch ist der Vorschlag aber nur der Entwurf für einen Gegenvorschlag zu einer Volksinitiative, der in die Vernehmlassung geschickt wurde. Die Diskussion in der Bevölkerung dürfte trotzdem lanciert sein. Verwaltungsabläufe seien nicht entscheidend für die Identität, sagte Landammann Alfred Stricker (parteiunabhängig) an der Medienorientierung.
Vorbild Glarus
In seiner Radikalität erinnert der Vorschlag an die grosse Gemeindefusion im Kanton Glarus. Sie ist bisher in der Schweiz beispiellos – und begann mit einer Überrumpelung.
An der Landsgemeinde im Mai 2006 lag zwar ein Vorschlag von Regierung und Parlament für eine Reform mit noch zehn Gemeinden auf dem Tisch. Doch dann stellte ein einzelner Bürger überraschend den Antrag auf die Reduktion auf noch drei Grossgemeinden – und erreichte eine knappe Mehrheit.
Es ging nicht reibungslos weiter: Die Rechtmässigkeit des Beschlusses, der weder angekündigt noch traktandiert gewesen war, wurde angezweifelt. Die juristischen Diskussionen führten bis vor das Bundesgericht. Schliesslich folgte im November 2007 eine ausserordentliche Landsgemeinde – der ersten seit 1887. Dort wurde nochmals abgestimmt. Eine klare Mehrheit bestätigte dabei die Reform mit der Reduktion auf noch drei Gemeinden.
Kurz darauf begann der Prozess für den Zusammenschluss. Er betraf nicht nur die 25 Ortsgemeinden, sondern auch 18 Schulgemeinden, 16 Fürsorgegemeinden und neun Bürgergemeinden.
In relativ kurzer Zeit wurden neue Strukturen aufgebaut. Zeitweise liefen die bisherigen Gemeindeämter noch parallel mit den neuen Verwaltungen der drei Grossgemeinden. Im Januar 2011 war es dann soweit. Die Reform war umgesetzt und im Kanton Glarus gab es noch drei Gemeinden. Sie heissen Glarus Nord, Glarus und Glarus Süd.
Breit abgestützter Entscheid
Mit dem Entscheid an der Landesgemeinde, der zuerst hohe Wellen warf und intensive Diskussionen auslöste, danach aber auch noch an der ausserordentlichen Landsgemeinde bestätigt wurde, war der Zusammenschluss im ganzen Kanton Glarus breit abgestützt.
Dieser Weg dürfte für das Gelingen entscheidend gewesen sein. Wie es anders gehen kann, zeigte sich 2016 bei einer Volksinitiative im Kanton Tessin, die eine Fusion zahlreicher Gemeinden zu zwei Grossgemeinden Locarno und Bellinzona erreichen wollte. Zuerst wurde sie vom Grossen Rat und schliesslich auch vom Bundesgericht für ungültig erklärt.
Das Bundesgericht bezog sich dabei auf die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung. Darin ist festgehalten, dass bei einer Änderung kommunaler Gebietsgrenzen die betroffenen Gebietskörperschaften vorher anzuhören sind. Bei der Glarner Gemeindefusion war die Charta kein Thema gewesen.
Wie es in Appenzell Ausserrhoden weiter geht, ist noch offen. Zuerst muss die Vernehmlassung abgewartet werden, die bis Ende Jahr dauert. Danach wird sich entscheiden, was mit der Initiative «Starke Ausserrhoder Gemeinden» geschieht, die die Voraussetzungen für Gemeindefusionen schaffen würde.
Nach der Idee des Regierungsrats soll die Zahl der Gemeinden – noch vier – in der Kantonsverfassung festgeschrieben werden, die gegenwärtig überarbeitet wird. Damit würden die Fusionen zu einem Verfassungsauftrag. Aber bis dann ist es noch ein langer Weg.
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