Schweiz – Sri Lanka Illegale Adoptionen: Kanton St. Gallen unterstützt Betroffene

SDA

27.2.2020 - 12:53

Die Behörden von Bund und Kantonen haben gemäss einer Studie weggesehen, als über 700 Kinder aus Sri Lanka teils illegal in die Schweiz adoptiert wurden. Der Kanton St. Gallen will die Geschehnisse aufarbeiten und die betroffenen Adoptivkinder bei der Ermittlung ihrer Herkunft unterstützen.

Nachdem bereits der Kanton St. Gallen zu den Vorgängen seit den 1970er Jahren an die Öffentlichkeit gelangt ist, kommt nun mit der neuen Studie das gesamte Ausmass des Missbrauchs ans Tageslicht: Bis zu 11'000 Kinder aus Sri Lanka wurden in einem international organisierten Handel vor allem in den 1970er und -80er Jahren in verschiedene europäische Länder an Eltern vermittelt – oft illegal.

Die Schweizer Behörden wussten spätestens seit Ende 1981, dass es zu Unregelmässigkeiten und zu Fällen von Kinderhandel kam – das ist das Ergebnis einer Studie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW), die das Bundesamt für Justiz am Donnerstag vorstellte.

Der Kanton St. Gallen begrüsst die ausführliche Studie. Der Bericht und die darin geschilderten Geschehnisse lösten grosse Betroffenheit aus, schreibt die Staatskanzlei in einer Mitteilung. Gleichzeitig werde die Haltung des Kantons bestätigt, die Geschehnisse aufzuarbeiten und die betroffenen Adoptivkinder bei der Ermittlung ihrer Herkunft zu unterstützen. Mit der historischen Aufarbeitung will der Kanton St. Gallen weiterhin einen wichtigen Beitrag an die schweizweite Klärung der damaligen Geschehnisse leisten.

Akten in das Staatsarchiv überführt

In den letzten Wochen habe der Kanton die Ablieferung der Akten der Stiftung Adoptio an das St. Galler Staatsarchiv erwirkt. Die von der umstrittenen Adoptions-Vermittlerin Alice Honegger ins Leben gerufene Stiftung steht im Mittelpunkt der Vorwürfe. Dem Staatsarchiv sind fünf Kisten mit Unterlagen übergeben worden. Dabei geht es um 253 Original-Dossiers mit Klientenakten der Stiftung Adoptio beziehungsweise deren Vorgängerinstitution «Haus Seewarte».

Zwischen 1973 und 1997 sind gemäss heutigen Erkenntnissen 85 Kinder aus Sri Lanka im Kanton St. Gallen adoptiert worden, wie es in der Mitteilung heisst. Und weiter: «Viele dieser Kinder waren durch die Vermittlung von Alice Honegger in die Schweiz gekommen. Sie begann ihre Tätigkeit im Jahr 1979 und war im Besitz einer Sonderbewilligung für die zwischenstaatliche Adoptionsvermittlung aus Sri Lanka. Ab 1985 handelte sie im Namen der Stiftung Adoptio, die immer noch besteht, jedoch heute einen anderen Stiftungszweck verfolgt.»

Die Verfügbarkeit von historischen Akten sei für die Betroffenen bei der Klärung der Umstände ihrer Adoption zentral. Daher starte das Amt für Soziales nun ein Projekt, das die weitere Zusammenführung von Akten zum Ziel habe. Im Rahmen des Projekts werden nun alle Adoptionen beziehungsweise Pflegeverhältnisse im Kanton St. Gallen von Kindern aus Sri Lanka im Zeitraum von 1973 bis 1997 genau untersucht.

Aus verschiedenen Archiven sollen die Adoptionsakten zusammengetragen werden, um über vollständige Dossiers zu verfügen. Auf diese Weise könne eine Aufarbeitung der damals ausgesprochenen Adoptionen stattfinden.

Suche nach leiblichen Eltern

Für die Beratung und Unterstützung von Betroffenen bei der Suche nach ihren leiblichen Eltern ist jener Kanton zuständig, in dem die suchende Person ihren aktuellen zivilrechtlichen Wohnsitz hat. Im Kanton St. Gallen können sich Betroffene an das Amt für Soziales wenden. Die Regierung hat dieses Angebot nun dahingehend gestärkt, dass die Beratungen durchgehend kostenlos sind – bisher wurden die Gebühren jeweils bezogen auf den jeweiligen Einzelfall erlassen.

Das Departement des Innern pflege zudem einen Austausch mit dem Verein «Back to the Roots». Ziel des Vereins ist es, sich gemeinsam für die Interessen adoptierter Personen aus Sri Lanka in der Schweiz einzusetzen und sich gegenseitig auszutauschen und zu unterstützen. Der Kantonsrat gewährte dem Verein für die Aufbauphase im Rahmen der Lotteriefonds-Botschaft von Sommer 2019 einen einmaligen Beitrag von 20'000 Franken.

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