Seit der Einführung des Lehrplans 21 wird in der St. Galler Volksschule das Fach Ethik, Religion und Gemeinschaft wahlweise von Religions- oder Klassenlehrkräften unterrichtet. In einem parteiübergreifend eingereichten Vorstoss wird eine grundlegende Änderung verlangt.
Es ist eine St. Galler Speziallösung, die mit dem Lehrplan 21 eingeführt wurde: Seither müssen sich die Schülerinnen und Schüler beim Fach Ethik, Religion und Gemeinschaft (ERG) zwischen dem Angebot der Schule und demjenigen der Kirche entscheiden. Beide Varianten sind in den Stundenplan integriert und gehören zum normalen Unterricht.
Aus «schulhistorischer und religionspolitischer Sicht» sei der «eigenartige Schritt» verständlich und nachvollziehbar gewesen, schreiben vier Kantonsräte – je einer von CVP, FDP, SP und SVP – in ihrem Vorstoss. In der praktischen Umsetzung zeige sich nun aber, dass damit kein Mehrwert geschaffen werde: Weder für die Schülerinnen und Schüler, noch für die Kirchen, noch für die Schulen.
Absprachen der Eltern
Viele Rückfragen von Eltern belegten, dass sie mit der Wahlmöglichkeit überfordert seien: «Für den Entscheid spielen vorwiegend nicht religiöse Kriterien eine Rolle: Welche Person unterrichtet das Fach? Was wählen die besten Kolleginnen und Kollegen meines Kindes? Wo wird weniger streng unterrichtet?»
Es fänden telefonische Absprachen unter den Eltern statt. Nach Ablauf der Anmeldefrist erfolgten dann zahlreiche Umteilungsgesuche, wenn festgestellt werde, dass andere Eltern anders entschieden hätten.
Druck der Kirchen
Es gebe auch Druck: Die Kirchen deklarierten die Wahl für «ERG-Kirche» als obligatorisch oder dringend empfohlen für Konfirmation und Kommunion. Die Familien würden «mittels direkt adressierten Sonderschreiben bearbeitet».
Das Fach heisse zwar Ethik, Religion und Gemeinschaft, mit dem aktuellen System werde dafür aber die Gemeinschaft der Klasse auseinandergebrochen. Für die Lehrerinnen und Lehrer fehle die wertvolle und nötige Arbeit mit der ganzen Klasse zu den Themen Ethik, Werte und Normen.
Die Kantonsräte zählen weitere Nachteile auf: Das Fach verursache höhere Kosten: Die Lektionen für ERG-Kirche und ERG-Schule müssten parallel geführt werden. Dies führe zu Kapazitätsengpässen und verschärfe die bereits angespannte Stundenplangestaltung.
Umstrittenes Fach
Verlangt wird eine grundsätzliche Änderung. «Auf welchen Schuljahresbeginn könnte das Fach ERG aus Sicht der Regierung ausschliesslich durch die Schule erteilt werden?«, wollen die Parlamentarier im Vorstoss wissen.
Die Regierung hat dazu noch nicht Stellung genommen. Möglicherweise werden mit der Interpellation auch offene Türen eingerannt. In einer Mitteilung des Bildungsdepartements zu den ersten Erfahrungen mit dem neuen Lehrplan hiess es anfangs April: Im Austausch mit der Regierung wolle der Erziehungsrat «das umstrittene Fach Ethik, Religionen, Gemeinschaft thematisieren».
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