Gesundheitswesen Kantonsspital Graubünden fürchtet um seine Kinder-Intensivstation

uj, sda

19.4.2023 - 13:30

Das Kantonsspital Graubünden wehrt sich gegen die drohende Schliessung der Intensivpflege von Neugeborenen und von Kindern mit schweren Traumaverletzungen sowie gegen den Wegfall von Krebsbehandlungen bei Kindern und in der Gynäkologie.  (Archivbild)
Das Kantonsspital Graubünden wehrt sich gegen die drohende Schliessung der Intensivpflege von Neugeborenen und von Kindern mit schweren Traumaverletzungen sowie gegen den Wegfall von Krebsbehandlungen bei Kindern und in der Gynäkologie. (Archivbild)
Keystone

Die Übernahme des Spitals Walenstadt, steigende Patientenzahlen und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen haben für das Kantonsspital Graubünden (KSGR) das Jahr 2022 geprägt. Unter dem Strich resultierte ein Gewinn von 14 Millionen Franken, 5 Millionen mehr als im Vorjahr. Sorgen bereitet der drohende Verlust der Kinder-Intensivpflege aufgrund von interkantonalen Vereinbarungen.

2022 war das erste ganze Geschäftsjahr seit der Integration der Klinik Gut in die Spitalgruppe um das KSGR, wie Spital-CEO Hugo Keune am Mittwoch vor den Medien in Chur erklärte. Dies wirkte sich auf die Zahlen aus.

Der Umsatz kletterte um 15 Prozent auf 472 Millionen Franken, die stationären Behandlungen nahmen um 18 Prozent auf 22'458 Fälle zu. 116'465 ambulante Fälle führten zu einem Taxpunktewachstum von 6 Prozent.

Um dem Mangel an Fachkräften, aber auch der Ermüdung des Spitalpersonals nach der Corona-Zeit zu begegnen, hat das Kantonsspital ein Massnahmenbündel zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beschlossen. Verbessert wurden etwa die Nachtzuschläge und die Dienstpläne, aber auch an der Arbeits- und Führungskultur wurde gearbeitet.

«Mit 12 Millionen Franken war dies das grösste Massnahmenpaket, dass das Kantonsspital jemals für seine Mitarbeitenden getroffen hat», erklärte der Spitalchef.

Kahlschlag auf der Kinder-Intensivstation befürchtet

Im laufenden Jahr beschäftigen Entscheide der Interkantonalen Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin (IVHMS) die Spitalverantwortlichen in Chur. Die IVHMD wurde im Auftrag des Bundes geschaffen, um in der hochspezialisierten Medizin eine gesamtschweizerische Planung vorzunehmen.

Laut Spitalchef Keune planen die Gremien der IVHMS nun, dem Kantonsspital diverse Leistungsaufträge nicht mehr zu erteilen, hauptsächlich im Bereich der Intensivmedizin für Kinder und Jugendliche. Es geht um die Intensivpflege von Neugeborenen und von Kindern mit schweren Traumaverletzungen sowie um Krebsbehandlungen bei Kindern und in der Gynäkologie.

Sollten diese Behandlungen am Kantonsspital wegfallen, dann befürchten die Verantwortlichen, die ganze Kinder-Intensivstation schliessen zu müssen. Die Arbeit dort wäre für viele hochqualifizierte Ärzte nicht mehr reizvoll.

Der ursprüngliche Gedanke, die hochspezialisierte Medizin an einzelnen Standorten in der Schweiz zu konzentrieren, werde je länger je mehr ad absurdum geführt, erklärte Keune. «Immer mehr Behandlungen werden ohne medizinischen Grund als hochspezialisiert definiert.» Dabei gehe es aber oft um Behandlungen, die am Kantonsspital täglich durchgeführt würden.

Regionale Gesundheitsversorgung gefährdet

Unter dem Strich sehen die Churer Spitalverantwortlichen die regionale Gesundheitsversorgung in Graubünden gefährdet. Es könne nicht sein, dass etwa Patientinnen mit einer Risikoschwangerschaft ins Spital nach Zürich müssten, hiess es an der Medienorientierung. Und auch bei der Behandlung von krebskranken Kindern sei die Nähe zur Familie enorm wichtig. «Das muss von hier aus gehen», forderte der Spitalchef.

Gegen den Kahlschlag auf der Kinder-Intensivstation will sich das Spital nun vehement wehren. Bereits wurden politische Vorstösse auf kantonaler und nationaler Ebene lanciert. Auch ein Austritt Graubündens aus der IVHMS sei eine Option, erklärte Keune. Mit der erfolgten Zuteilung der «wirklich seltenen Eingriffe» habe die Interkantonalen Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin ihren Auftrag bereits erfüllt.

Bei einem Austritt Graubündens würde der Bundesrat über das Leistungsangebot am Bündner Kantonsspital entscheiden. Den Spitalverantwortlichen wäre das recht. «Wir erwarten uns aus Bern mehr Sensibilität für das Thema als von den jetzigen Gremien», sagte der Spital-CEO.

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