Kantonsrat SG Maulkorb für Regierung wird in Schlussabstimmung versenkt

ka, sda

15.2.2022 - 18:05

Im allerletzten Moment hat eine hauchdünne Mehrheit im St. Galler Kantonsrat ein Gesetz versenkt, das einen Maulkorb für die Regierung bei Abstimmungen gebracht hätte. (Archivbild)
Im allerletzten Moment hat eine hauchdünne Mehrheit im St. Galler Kantonsrat ein Gesetz versenkt, das einen Maulkorb für die Regierung bei Abstimmungen gebracht hätte. (Archivbild)
Keystone

In der Schlussabstimmung hat eine knappe Mehrheit des St. Galler Kantonsrats überraschend einen Gesetzesnachtrag mit einem Maulkorb für die St. Galler Regierung gekippt. Der Entscheid fiel am späten Dienstagnachmittag mit 56 gegen 55 Stimmen.

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Bei der Änderung des Staatsverwaltungsgesetzes ging es um die Frage, ob sich die St. Galler Regierung vor Abstimmungen äussern darf, wenn ihre Meinung nicht mit derjenigen des Kantonsrats übereinstimmt.

Die Diskussionen um einen Maulkorb für die Exekutive hatte die Abstimmung über das Verhüllungsverbot im September 2018 ausgelöst. Im Vorfeld hatte die Regierung öffentlich bekanntgegeben, dass sie im Gegensatz zur Mehrheit des Parlaments das Gesetz ablehne. An der Urne wurde es dann angenommen.

Die SVP reichte danach eine Motion ein, die im September 2019 knapp mit vier Stimmen Differenz gutgeheissen wurde. Damit musste die Regierung eine Gesetzesänderung ausarbeiten. Sie schlug folgende Regelung vor: «Die Regierung vertritt bei kantonalen Abstimmungsvorlagen keine vom Kantonsrat abweichende Abstimmungsempfehlung.»

In der Novembersession 2021 wehrten sich die Fraktionen von FDP, Grünen und SP gegen die Gesetzesänderung. In der Vergangenheit habe die Regierung nur in seltenen Fällen ihre abweichende Haltung bekanntgegeben, wurde argumentiert. Die Bevölkerung könne durchaus differenzieren. Ein Gesetz brauche es nicht.

Coup in der Schlussabstimmung

Für die Bestimmung mit dem Maulkorb stimmten die Fraktionen von Mitte-EVP und SVP. Sie setzten sich bei der ersten Lesung mit 60 gegen 42 Stimmen durch. In der zweiten Lesung am Montag in der Februarsession gab es dazu keine Wortmeldungen.

Als es am späten Dienstagnachmittag zur Schlussabstimmung kam, kündigten die Sprecher von SP und Grünen an, dass sie die Vorlage ablehnen werden. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Abstimmungen gelang nun mit Unterstützung von FDP und GLP der Coup: Die Gesetzesänderung mit der Maulkorb-Regelung wurde mit 56 gegen 55 Stimmen versenkt.