Coronavirus – SchweizSuchthilfe: Mehr als ein Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit
SDA
27.3.2020 - 10:15
Die Stiftung Suchthilfe kümmert sich in St. Gallen um Menschen mit einer Suchterkrankung. Trotz Coronakrise hält die soziale Institution ihr Angebot mit einigen Abstrichen aufrecht.
Die St. Galler Gassenküche ist für rund 40 Menschen mehr als ein Ort, wo sie jeden Tag eine warme Mahlzeit erhalten. «Sie ist für viele ihre gute Stube, die ihnen menschliche Wärme und ein Zuhause bietet», sagt Regine Rust, Geschäftsleiterin der Stiftung Suchthilfe, gegenüber Keystone-SDA. Wegen der Coronakrise musste das Angebot angepasst werden. Die Gassenküche hat auf Take-away umgestellt.
«Uns ist es aber wichtig, dass unsere Klienten eine vollwertige, vitaminreiche Mahlzeit zu kleinem Preis erhalten», sagt Rust. Zusammen mit der Schweizer Tafel wurde eine Lebensmittelabgabe organisiert; über eine Handy-Nachricht wird mitgeteilt, wo das Essen abgeholt werden kann.
Spritzentausch gewährleisten
Der Blaue Engel im Katharinenhof ist eine weitere Kontakt- und Anlaufstelle der Stiftung Suchthilfe. Auch hier musste der Aufenthaltsbereich wegen der Corona-Pandemie geschlossen werden. Der Spritzentausch zur HIV- und Hepatitis-Prävention bleibt gewährleistet. «Wir haben eine Schleuse eingerichtet», erklärt Rust. So könne verhindert werden, dass sich grössere Gruppen bilden. Damit falle aber auch ein weiterer Treffpunkt für die Süchtigen weg.
«Auch wenn alle ein Dach über dem Kopf haben, wollen wir diese Menschen weiterhin begleiten», betont Rust. Die Fachstelle für aufsuchende Sozialarbeit ist etwa im Kantipark, wo sich viele Alkoholabhängige treffen, weiterhin präsent. Auch dort hielten sich die Leute an die Abstandsregeln.
Druck kompensieren
Suchtkarrieren beginnen häufig in Zeiten von erhöhtem Stress. Angst vor Ansteckung, Isolation und finanzieller Unsicherheit begünstigten den Griff zu Suchtmitteln. Der Druck werde durch Konsum kompensiert. Regine Rust nennt dabei neben Drogen auch Beruhigungsmittel, Onlinespiele oder übermässiges Chatten. Für erste Hilfe bietet die Stiftung Suchthilfe eine Hotline an. Mit Beratungen kümmere man sich weiter um die psychische Gesundheit der Klienten.
Die Stiftung Suchthilfe wurde vor 30 Jahren unter dem Namen Stiftung «Hilfe für Drogenabhängige» gegründet. Der «St. Galler Weg» umfasst auch die Medizinisch-soziale Hilfsstellen (MSH) mit ihren Heroin- oder Methadongestützten Therapien. Telefonberatungen reichten bei den Abgabestellen nicht aus, sagt die Geschäftsleiterin: «Unsere Klienten – 70 in der MSH1 und 100 in der MSH2 – brauchen die Substanzen.»
Auch hier gelten alle vom Bund vorgegebenen Massnahmen. «Wir müssen die Leute wie durch ein Nadelöhr führen», schildert sie die Schwierigkeiten. Die Massnahmen würden gut aufgenommen. Krankheitsfälle gebe es noch keine. «Nicht jeder Süchtige ist auch ein Risikopatient», so Rust.
Reduziert werden mussten die Arbeitsprojekte der Suchthilfe, die Wohngemeinschaft Arche wurde vorübergehend ganz geschlossen und die Präventionsarbeit in Schulen ruht.
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